Jeder Jahreswechsel ist ein bedeutender Meilenstein, aber dieser ist für zwei kleine Länder im Herzen Europas in einer anderen Hinsicht einzigartig – vor genau 30 Jahren begann nämlich ihre Existenz. Der 31.12.1992 war der letzte Tag, an dem der Staat „Tschechoslowakei“ offiziell auf der Landkarte existierte. Dabei war er erst 74 Jahre zuvor auf sie gekommen.
Das Hauptmotiv für die Gründung des gemeinsamen Staates der Tschechen und Slowaken im Jahr 1918 war die Idee des „Tschechoslowakismus“ – der Wunsch, eine Mehrheit gegenüber der deutschen und ungarischen Bevölkerung zu gewinnen. Nach der Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei im Jahr 1945 war dieser ursprüngliche Grund zwar abgeschwächt, aber dennoch identifizierten sich die Tschechen während des gesamten Bestehens des gemeinsamen Staates viel stärker mit diesem als die Slowaken. Aus diesem Grund ging die Hauptinitiative für die Teilung der beiden Länder von der Slowakei aus.
Der letzte Name vor der Trennung der beiden Staaten – „Tschechische und Slowakische Föderative Republik“ – veranschaulicht gut die Probleme, die die beiden Staaten im Zusammenleben hatten. Nach 1989 gipfelten diese unter anderem in Auseinandersetzungen und langen Diskussionen darüber, wie der gemeinsame Staat heißen sollte, dem so genannten „Bindestrich-Krieg“ (ob ein Bindestrich in den Staatsnamen eingefügt werden sollte, um den Namen der Slowakischen Republik besser sichtbar zu machen). Aber die Probleme lagen natürlich tiefer und betrafen viele Ebenen der Funktionsweise beider Staaten.
Die Teilung der Föderation ist hauptsächlich auf die Verhandlungen zwischen dem tschechischen Premierminister Václav Klaus und dem slowakischen Premierminister Vladimír Mečiar zurückzuführen. Die Unvereinbarkeit der siegreichen politischen Parteien in beiden Staaten – ODS und HZDS, die von den beiden genannten Männern angeführt wurden – trug zur Beschleunigung dieses Prozesses bei.
Die Teilung der CSFR brachte natürlich viele Probleme mit sich – nicht nur die Festlegung der Grenzen, durch deren Kontrollen jetzt neu viele Verwandte zueinander reisen mussten, sondern auch die Festlegung und Zuweisung der Staatsbürgerschaft an die Bewohner des bis dahin gemeinsamen Staates. Außerdem die Aufteilung des beweglichen und unbeweglichen Staatseigentums im In- und Ausland (im Verhältnis 2:1 zur Bevölkerung), die Armee, die Behörden, die Institutionen, die Unterzeichnung aller internationalen Verträge und natürlich die Schaffung eigener Verfassungen.
Ob die Teilung notwendig war, ist ein Thema, das anlässlich dieses Jahrestages im Lande sicher wieder diskutiert wird. Meinungsumfragen in der Tschechischen Republik haben ergeben, dass vor 30 Jahren in der Tschechischen Republik viel weniger Menschen die Teilung der Staaten befürworteten als in der Slowakei, wo dieser Akt ein viel stärkeres und länger bestehendes politisches und öffentliches Thema war. 10 und 20 Jahre später hat sich der Prozentsatz der Bevölkerung, der die Trennung als richtig ansieht, erhöht. Wir werden sehen, was die Befragungen in diesem Jahr zeigen werden – sicher ist jedoch, dass für eine historische Bewertung noch mehr Zeit erforderlich sein wird…
Es ist also kein Zufall, dass im Januar in der Tschechischen Republik ein weiteres wichtiges Ereignis ansteht – die Wahl des Präsidenten, die dritte Direktwahl, bei der das Volk selbst den Nachfolger von Miloš Zeman bestimmen wird. Er ist seit 10 Jahren im Amt (2 Amtszeiten von je 5 Jahren). Dies ist eine Art Tradition der tschechischen Präsidenten, denn sowohl Václav Klaus als auch Václav Havel hatten das Amt so lange wie möglich inne.
Die Hauptfavoriten für die Wahl im Januar sind der ehemalige Premierminister Andrej Babiš, der ehemalige Generalstabschef der Tschechischen Republik und Vorsitzende des NATO-Militärausschusses General Petr Pavel, sowie die Wirtschaftswissenschaftlerin und ehemalige Rektorin der Mendel-Universität in Brünn Danuše Nerudová. Die Gesellschaft ist derzeit sehr gespalten, was die Präsidentschaftswahlen angeht, und es ist zu erwarten, dass der Januar in der tschechischen Politik (und den Medien) sehr intensiv und scharf diskutiert wird. Und ob es dem/der GewinnerIn gelingen wird, die gespaltene Gesellschaft mit Einsicht und Respekt wenigstens ein bisschen zu vereinen. Alles versprechen es, wir können es jedoch nur hoffen….
Das Thema Tschechische Republik taucht nicht zufällig im Blog der Netzwerkstatt auf. Seit einem halben Jahr bin ich, Petra Zahradníčková, neues Teammitglied. Meine Hauptaufgabe wird es sein, unsere derzeitige Arbeit um eine tschechische Perspektive und ein tschechisches Publikum zu erweitern. Gleichzeitig werde ich neue „tschechische“ Themen in unsere Arbeit einbringen, die aus der „deutschen Perspektive“ nicht so sichtbar und bekannt sind.
Wir freuen uns auf eine gemeinsame tschechisch-deutsche Reise, zu der wir Sie natürlich einladen und informieren.
Frohes neues Jahr und bis bald!
PZ & PW
Die Tage des Jahres 2022 sind gezählt. Irgendwo zwischen Spotify-Jahresrückblick, dem Gefühl, vom Jahresende doch wieder überrumpelt worden zu sein und den Ereignissen der letzten Monate verortet sich vielleicht zur Zeit jede:r selbst und lässt die Herausforderungen und Highlights Revue passieren. Auch die Partnerschaften für Demokratien in Görlitz und Zittau blicken gemeinsam mit den Projektträgern auf das vergangene Jahr. Pfd Zittau und Görlitz auf Facebook
In den Top 10 der Google-Schlagzeilen-Suche geben sich dieses Jahr humanitäre Katastrophen, internationale Krisen und gesellschaftliche Auseinandersetzungen die Klinke in die Hand. Diskutiert haben wir dieses Jahr u.a. unter den Schlagworten Ukraine, Affenpocken, 9-Euro-Ticket, Hitzewarnung, Layla, Will Smith, Taiwan, Energiepauschale, Katar und Bürgergeld darüber, wie wir respektvoll und nachhaltig miteinander leben wollen.
Ob auf den großen Bühnen des Landes und der Welt oder in der Familie, unter Freund:innen oder Kolleg:innen, die Themen polarisieren und werden mal mehr mal weniger hitzig diskutiert. Auch in Görlitz und Zittau traten diese Auseinandersetzungen öffentlich in Beiträgen und Kommentaren auf Social Media Plattformen und bei den allmontäglich stattfindenden Versammlungen zu Tage. Kritisches Hinterfragen verliert sich dabei mehr und mehr in menschen- und demokratiefeindlichen Äußerungen. Der Gefahr durch terroristische Untergrundgruppen wird dabei zum Beispiel weniger Bedeutung beigemessen als den potenziellen Bedrohungen durch die Digitalisierung im Gesundheitsbereich. Das Beherrschen des rhetorischen Einmaleins überzeugt die Teilnehmenden dabei offenbar mehr vom Durchschauen gelenkter Aktionen „von oben“ als tiefgründigeres Recherchieren komplexer Zusammenhänge. Dabei kann der Eindruck entstehen, dass die Lauten auch breites Gehör finden.
So viele Menschen im Landkreis setzten sich aber für Demokratie und Vielfalt ein, so viele wählen nicht die Abkürzung über Verschwörungserzählungen und nehmen sich Zeit, einander zuzuhören und Missstände anzupacken.
In Görlitz und Zittau haben 2022 zahlreiche Engagierte aus der Zivilgesellschaft, der kommunalen Politik und der Verwaltung Projekte realisiert, die genau hier ansetzen. Zusammen mit den Partnerschaften für Demokratie Görlitz und Zittau wurden in 34 Projekten mehr als 9500 Personen erreicht. Die Mitarbeiter:innen der federführenden Ämter, der Koordinierungs- und Fachstellen und die Mitglieder der Begleitausschüsse der PfD Görlitz und Zittau danken den 21 nichtstaatlichen Organisationen, die für ihre Städte losgegangen sind, Förderanträge bei den PfDen gestellt und ihre Ideen umgesetzt haben. Durch euch waren in unseren Städten die Schlagworte Jugendbeteiligung, queer-feministisches Empowerment, historisch-politische Bildung, Resilienzstärkung, Nachhaltigkeit, internationale Begegnung und Geflüchteten-Support auf der Agenda. Durch sie wird das Bild eines präsenten unsolidarischen Lagers nach außen abgeschwächt. Durch sie bleiben Görlitz und Zittau lebenswerte Städte, in denen vielfältiges, gewaltfreies und demokratisches Miteinander gelebt wird.
Dabei war 2022 durchaus herausfordernd und kräftezehrend. Besonders in der Projektumsetzung geben Menschen im Ehrenamt alles und noch mehr. In den Feedbackrunden zum Jahresabschluss haben wir deutlich herausgehört, dass das Jonglieren mit den gesteckten Zielen, der vorhandenen humanpower und den Mauern, auf die ihr dabei stoßt, nicht einfach ist. Daneben stellen wir uns die Frage, ob wir diejenigen überhaupt noch erreichen, die ihre Grenze montags klar ziehen und unsere dabei überschreiten. Deutlich wurde aber auch, worin wir Zukunft sehen und woraus wir Kraft ziehen können: Die Stärkung der Anliegen junger Menschen und die Förderung des Austausches der Engagierten und die gegenseitige Unterstützung schreiben sich die Partnerschaften für Demokratie und die Projektpartner:innen für das nächste Jahr auf die Fahne.
Wir freuen uns darauf, gemeinsam auch 2023 wieder ins Umsetzten zu kommen und wünschen allen Engagierten schöne Feiertage und einen guten Start ins neue Jahr.
SaS
Die Welt ist klein geworden…
Am Abend des 13.12. beendeten wir ein ganz besonderes Projektjahr. Die letzte Veranstaltung im Rahmen unseres „Jahresthemas“ – Anne Frank – fand statt. Julia Boegershausen (Gesang) und Björn Bewerich (Piano) präsentierten ihr Programm „Lebenslieder“.
Ein Programm welches sich der Musik und Kultur aus den 1920/1930er Jahren widmet, mit Texten und Menschen, welche zum Teil verschwanden, verschwinden mussten oder gar vernichtet wurden. Sie erinnerten dabei u.a. an Claire Waldoff, Erich Kästner, Mordechaj Gebirtig, Rose Ausländer, Kurt Weill, Bertold Brecht und Alexander Steinbrecher. Es war ein nachdenklicher, aber auch heiterer und vor allem hoch aktueller Blick zurück (nach vorn). Sinnbildlich stand dafür das Lied von Curty Bry und Fred Endrikat „Die Welt ist klein geworden“. Hier noch einmal zum Nachhören.
Unter den Gästen befanden sich auch einige der Engagierten im Rahmen der Anne Frank Ausstellung im Sommer 2022 – für Sie (und all die anderen) gab es noch eine zusätzliche Überraschung. Die Präsentation des „Anne Frank Kunstkalenders 2023“. Die Ergebnisse der vielfältigen Beschäftigungen mit Anne Frank sorgten für dieses Vorhaben. Der großformatige Kalender blickt dabei auf die unterschiedlichen Aktionen im Projektverlauf zurück und präsentiert eine Auswahl von Kunstwerken welche in Bezug Anne Frank – Zitaten entstanden sind.
Sollten auch Sie Interesse an einem Kalender haben, so ist dieser gegen Spende in der Zittauer Buchkrone erhältlich (Am Markt 13, Zittau).
Wir bedanken uns bei allen Beteiligten, sowie bei Julia Boegershausen und Björn Bewerich für den besonderen Ausklang des Jahres 2022. Wir wünschen Ihnen ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Start ins neue Jahr 2023. Wir freuen uns schon jetzt auf zukünftige Zusammenarbeiten – kontaktieren Sie uns gern (netzwerkstatt@hillerschevilla.de).
Ihr Netzwerkstatt-Team

-> 2 Tage voll von Praxis, Inspiration und Vernetzung im Begegnungszentrum in Großhennersdorf:
Vom 4.11.2022 bis zum 5.11.2022 haben sich im Begegnungszentrum Dreieck in Großhennerdorf fast 30 begeisterte TeilnehmerInnen zu der Weiterbildung unter dem Titel „Wie kann man deutsch-tschechische Begegnungen gestalten?“ getroffen.
Sie kamen aus unterschiedlichen Bereichen (Schulen, Vereine, …) und Ecken aus unserer Region. Weil die Gruppe so bunt durchmischt war, gehören der Austausch von Erfahrungen und Vernetzungen untereinander zu den wahren Hauptgewinnen. Schon im Rahmen der 2-tägigen Fortbildung sind mindestens 3 Partnerschaften entstanden, deren Partner gemeinsam die grenzüberschreitende Projekte planen und in nächsten Monaten umsetzen möchten.
Die Veranstaltung war sehr praktisch gestaltet und im Rahmen des intensiven Programmes konnten die TeilnehmerInnen viele Inspirationen sammeln – auf eigene Faust viele Aktivitäten und Spiele ausprobieren, die deutsch-tschechische Sprachanimation erleben und sich die theoretischen Grundlagen zur eigenen Gestaltung der deutsch-tschechischen Projekte aneignen. Nicht gefehlt haben konkrete Tipps und Infos zu Förderungsmöglichkeiten und die Vorstellung von bereits existierenden Projekten im Rahmen der Projektbörse. Bei der Kleingruppenarbeit konnten dann die TeilnehmerInnen selber anfangen konkrete Projekte zu planen…
Das Weiterbildungsangebot zu den deutsch-tschechischen Begegnungen wurde unter den LehrerInnen und JugendpädagogInnen aus verschieden NGOs der Region sehr gut angenommen. Das Interesse an der grenzüberschreitenden Arbeit im Dreiländereck ist sehr groß. Es freut uns sehr, dass wir den Vernetzungs- und Austauschbedarf somit mindestens teilweise erfüllen konnten. Die Hillersche Villa hat auch für die Zukunft weitere Unterstützung der grenzüberschreitenden Arbeit in unserem Region vor und bedankt sich bei allen aktiven MitmacherInnen auf diesem Feld.
Im Rahmen des deutsch-tschechischen EU-Projektes „ZWEI Sprachen – EINE Region“ haben außer zwei Fortbildungen für die Lehrkräfte und JugendpädagogInnen mehrere Begegnungsformate (jeweils zwischen 3 und 7 Tage(n) ) für SchülerInnen stattgefunden.
Weitere Informationen: www.hillerschevilla.de/cms/de/397/ZWEI-SPRACHEN—EINE-REGION
Kontakt: p.zahradnickova@hillerschevilla.de




Auch in diesem Jahr fand der deutsch-tschechische Geschichts- und Begegnungsworkshop „Vergessene Orte – Zapomenutá Místa“ statt. Gemeinsam mit dem Lausitzer Bergverein (horsky spolek) führen wir den Workshop nun bereits im elften Jahr durch. Innerhalb von vier Tagen beschäftigen sich Menschen aus der Region mit lokaler Geschichte – im Laufe dieses Workshops entstehen schlussendlich kleine filmische Beiträge, welche dann im Nachgang der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Dieses Jahr stand der Workshop unter der Überschrift „Lebendige Geschichte / živoucí příběhy“. Die 16 Teilnehmenden, im Alter von Anfang 30 bis Mitte 80, lernten dabei drei Frauen aus der Region Polevsko (ehem. Blottendorf) kennen. Im Mittelpunkt standen dabei ihre persönliche Erinnerungen aus der Zeit des zweiten Weltkrieges und des Neubeginns nach 1945.
In drei Gruppen trafen die Teilnehmenden auf jeweils eine Zeitzeugin, führten Interviews, studierten private Fotoalben und besuchten „Schauplätze“ von deren Biographie. Für alle Beteiligte war es eine intensive Zeit, viel zu kurz um tief in die Historie zu tauchen, aber genügend um ein Gespür für die Veränderungen und Umbrüche in der Region um 1945 zu bekommen.
Neben dieser inhaltlichen Beschäftigung, stand natürlich auch die Begegnung zwischen den beiden Nationen im Mittelpunkt – es wurde gemeinsam gesungen, gespielt, gewandert und „nebenbei“ noch so manche Vokabel des Nachbarn hinzu gelernt. Im Frühjahr 2023 werden die entstandenen filmischen Arbeiten in Polevsko präsentiert – wir laden Sie rechtzeitig hierzu ein.
Ein herzliches Dank geht an den Deutsch-Tschechischen Zukunftsfond, welche durch seine Förderung dieses so wichtige Vorhaben unterstützt.


Ústí nad Labem am 13. September 2022
Von Görlitz und Zittau aus machte sich das Team der Netzwerkstatt auf in die Stadt Ústí, denn es rief die Ausstellung Unsere Deutschen über die deutschsprachige Bevölkerung in Böhmen und Mähren und das Zusammenleben der deutsch- und tschechischsprachigen Menschen im Laufe der letzten 800 Jahren in den Regionen, die politischen Verhältnisse und Kämpfe, die die Bevölkerung prägte. Die Dauerausstellung ist seit letztem Jahr eröffnet und wohl die einzige Ausstellung zu diesem Thema in Tschechien.
Die Zeit der letzten Jahrzehnte wurde uns in einer Führung näher erläutert, welche wir auf Deutsch genießen durften (danke dafür an Jonathan vom Collegium Bohemicum).
Alle Ausstellungstexte sind dabei zweisprachig, sie ergeben mit raffinierten Einbauten in rund 20 Ausstellungsräumen eine ansprechende „Komposition“, inklusive eines projizierten Hologramms.
Nach viel Input und einem leckeren Mittagessen um der Ecke des Stadtmuseums, ging unsere Erkundungstour Richtung Ausguckpunkt. Das Ausflugsschlösschen Větruše erreichten wir über die markante Seilbahn in der Stadt. Wir genossen die Aussicht über die Elbe und die umliegenden Gebirge, erklommen den Turm des Schlösschens und schlürften hausgemachte Limo. Das große Abendteuer erwartete uns dann zum Schluss: der ausgewiesene Wanderweg endete im Grün mit steilem Anhang. Die meisten im Team sind aber ja zum Glück das Zittauer Gebirge, Iser- und auch Riesengebirge schon hoch und runter gewandert, sodass der Steilhang auch mit Bravour gemeistert wurde.
YV und PW


Am Sonntag, den 11. September 2022 nutzen viele Besucher:innen die Chance und besichtigten den Jüdischen Friedhof Zittau in der Zeit von 10:00 bis 17:00 Uhr zum Tag des offenen Denkmals 2022. Zum ersten Mal konnten Besucher:innen die neuen Infotafeln nutzen, um den Friedhof auf eigene Faust zu erkunden. Neu waren auch die Ausführungen zur 1938 gesprengten Trauerhalle, deren Grundmauern seit diesem Jahr in einer Installation nachgelegt wurden und von der ein Tastmodell installiert wurde.
Viele Menschen wollten wissen, warum der Friedhof so weit außerhalb der Stadt liegt. In mehreren Führungen konnten diese und viele weitere Fragen beantwortet werden. So wurden über besondere Gräber, die zerstörte Trauerhalle oder die Geschichte des Friedhofes und jüdischen Lebens in Zittau berichtet. Auch kam oft die Frage nach Hinterbliebenen in und um Zittau auf und wie sich das jüdische Leben in der Region nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges entwickelte. Im gemeinsamen Gespräch wurde versucht auch auf diese Fragen Antworten zu finden, was sich natürlich teilweise als schwierig gestaltet, da Informationen und Belege nicht immer ausreichend vorhanden sind.
Außerdem hatten die Besucher:innen die Möglichkeit zahlreiches Infomaterial an unserem Stand zu erhalten, welches über das jüdische Leben in Zittau und Sachsen noch einmal genauer informieren kann. Falls sie die Chance verpasst haben, ist dies natürlich auch kein Problem. Das Infomaterial liegt auch bei uns aus. Sprechen sie uns dafür einfach an.
Wir freuen uns sehr über das sehr rege Interesse und die vielen Fragen, die gestellt wurden. Das stellt für uns auch eine Form der Anerkennung unserer Arbeit dar. Genauso zeigt es aber auch, wie wichtig solche Orte und Tage der Begegnung sind, um sich gegenseitig auszutauschen, ins Gespräch zu kommen und der Geschichte bewusst zu werden.
AW
Bereits zum zehnten Mal führten wir am 6.September das Großhennersdorfer Kirchenkino durch. In diesem Jahr konnten wir dabei den Filmkritiker und Autoren Knut Elstermann begrüßen.
Thema der Veranstaltung war der DDR Kunst- und Kulturbetrieb in den 1970er Jahren, am konkreten Beispiel von Manfred Krug. Der beim Publikum beliebte Sänger und Musiker war einer der Unterzeichner eines Protestschreibens gegen die Ausbürgerung des Liedermachers und Lyrikers Wolf Biermann, im November 1976. Diesem Protestschreiben haben sich zahlreiche DDR Kunst- und Kulturschaffende angeschlossen – wie Sarah Kirsch, Christa Wolf, Stefan Heym, Heiner Müller, Jurek Becker oder Frank Beyer.
Einige der damaligen Protagonisten hat Knut Elstermann im Nachgang interviewt. So traf er Manfred Krug in mehreren Situationen und Lebensphasen – eindrücklich und äußerst unterhaltsam schilderte er dabei von diesen Begegnungen und brachte sie in Zusammenhang in die Zeit vor und nach Ende der DDR.
Wir bedanken uns herzlich für das große Interesse an dieser Veranstaltung und freuen uns auf weitere Kirchenkino-Abende in Großhennersdorf. Ein herzliches Dankeschön geht dabei an die Kirchgemeinde Großhennersdorf-Rennersdorf-Ruppersdorf, sowie dem Kunstbauerkino e.V. für die tatkräftige Unterstützung.

Mein FSJ in der Netzwerkstatt endet nun. Während der ersten Monate kamen täglich viele neue Eindrücke auf mich zu. Mit dem Wiederaufflammen der Corona-Pandemie im Herbst 2021 bis Frühjahr 2022 gab es für mich nur wenige „Außeneinsätze“, doch im Frühjahr veränderte sich die Situation mit ihren Möglichkeiten, sodass ab April wieder viele Termine und Veranstaltungen sowie unsere FSJ-Seminarfahrten in Präsenz stattfinden konnten. Was mich zu Beginn des Jahres an manchen Stellen überforderte, ist zum Ende teilweise selbstverständlich geworden.
Das Jahr startete mit unserer ersten Seminarfahrt nach Bad Lausick, worüber ich in meinem ersten Beitrag hier im Blog bereits berichtet habe. Ich war überrascht, wie gut die Gruppe zusammen funktioniert, sich beschäftigen kann und konstruktive Atmosphären entstehen. Anschließend sahen wir uns sieben Monate nur bei Online-Bildungstagen. Das Programm dafür wurde mitunter durch die Freiwilligen selbst organisiert und beschäftigte sich mit den Themen Angriffskrieg auf die Ukraine, Journalismus, Nachhaltigkeit, Datenschutz und Studierendenrat. Im März fand der von drei Freiwilligen und mir organisierte Bildungstag zu den Themen rechte Strukturen in der Polizei und Polizeigewalt statt. Zu den Seminarfahrten im Mai (Berlin), Juni (Hohnstein) und Juli (Ostritz) konnten wir uns in Präsenz treffen. Die gemeinsame Zeit bei den Seminaren habe ich als besonders angenehm in Erinnerung.
Unsere 30 Bildungstage füllten natürlich nur einen Teil des Jahres. Meine Zeit habe ich hier in Zittau bei der Netzwerkstatt verbracht. Von meinem Einstieg im September mit MAZEWA habe ich ebenfalls bereits geschrieben. [link] In den darauffolgenden Monaten bekam ich zahlreiche Einblicke in die Projekte der Netzwerkstatt, Hillerschen Villa, aber auch von Vereinen und Kooperationspartner:innen in der Region. Ebenso durfte ich die Hillersche Villa als „Soziokulturelles Zentrum“ kennenlernen. Hier ein beispielhafter Einblick in meine Tätigkeiten bei der Netzwerkstatt: Die Öffentlichkeitsarbeit verschiedener Projekte hat mich über das Jahr begleitet, z. B. die Betreuung dieses Blogs, weiterer Websites und das Posten von Social Media-Beiträgen. Außerdem unterstützte ich die Planung und Umsetzung mehrere Veranstaltungen. Im Februar hat die Netzwerkstatt die Ausstellung „Voll der Osten“ an der Weinauschule vorgestellt. Vier Klassen haben sich in je zwei Schulstunden mit den Themen auseinandergesetzt, zwei davon habe ich gemeinsam mit einem Lehrer durch die Ausstellung begleitet. Zudem war ich in die Planung einer Fahrradtour zum und am 8. Mai involviert. Mit 15 Personen sind wir zum 77. Jahrestag des Tags der Befreiung Orte im Dreiländereck angefahren, haben Input zu deren Bedeutung im Kontext der Befreiung bekommen und uns schlussendlich für ein Picknick am Dreiländerpunkt niedergelassen. Im Juni und Juli dieses Jahres war die Ausstellung „Deine Anne“ in Zittau zu Gast. Bei diesem Projekt habe ich an verschiedenen Ecken mitgewirkt, z. B. die Website aktualisiert und beim Aufbau der Kunstaktion im Stadtraum unterstützt. „Deine Anne Zittau“ hat mir gezeigt, wie viele Menschen aus unterschiedlichen Positionen und Motivationen an einem Projekt mitwirken und was die Netzwerkstatt auf die Beine stellen kann. Ich finde spannend, dass auch nach zwei Monaten noch täglich Menschen vor den Schaufenstern der Kunstaktion stehen bleiben.

Das FSJ ist mein Zwischenjahr und damit die Zeit zwischen Schule und Studium. Ich darf jetzt behaupten, mein Kommunikationsvermögen, Selbstvertrauen, Selbstständigkeit und Offenheit gegenüber Unbekanntem gesteigert zu haben. Das freut mich besonders. Generell sehe ich heute mehr Anknüpfungspunkte für ehrenamtliche Tätigkeiten und Möglichkeiten, sich aktiv in der Stadtgesellschaft einzubringen. Es hat sich gelohnt, die Unsicherheit über die eigene Zukunft nach der Schule mit einem Sozialen Jahr aufzufangen. Die Synergien mit anderen Freiwilligen haben mich motiviert und angenehme Situationen bei den Fahrten geschaffen, aber besonders möchte ich dem großartigen Team der Netzwerkstatt für die eindrucksvolle Zeit, Geduld und Unterstützung danken!
So war mein erster Monat im FSJ
Hier habe ich den „Zwischenstand“ durchgegeben
TS
Podcast, der: ein Hörbeitrag, der als Audiodatei im MP3-Format im Internet zum Herunterladen oder Streamen angeboten wird
Jüdische Geschichte der Oberlausitz, die: ???
Als wir im Zuge des Tacheles Oberlausitz-Projekts gemeinsam mit unseren Kolleg:innen vom IBZ St. Marienthal und vom Förderkreis der Görlitzer Synagoge darüber sprachen, was eigentlich jüdisches Leben in der Oberlausitz bedeutet, wurde uns bald bewusst, dass diese Frage gar nicht so leicht zu beantworten ist.
Zwar gibt es seit Jahrhunderten Juden:Jüdinnen in der Oberlausitz, trotzdem ist es schwierig und wahrscheinlich auch nicht sinnvoll, „die“ jüdische Geschichte der Oberlausitz erzählen zu wollen. Einerseits, weil es immer wieder starke Brüche gab, etwa als im 14. Jahrhundert die gesamte jüdische Bevölkerung aus Görlitz vertrieben und ihr Eigentum beschlagnahmt wurde. Oder als nach der Shoah die jüdischen Gemeinden in Ostsachsen so klein geworden waren, dass ihre wenigen Mitglieder sich irgendwann der Gemeinde in Dresden anschlossen und dort die wichtigsten Feiertage zusammen verbrachten.
Andererseits, weil die meisten Oberlausitzer Jüdinnen:Juden in der Zeit des Nationalsozialismus ermordet oder zur Emigration gezwungen wurden und ihre Nachkommen in der ganzen Welt verstreut leben.
Trotzdem gab es immer wieder Momente und Phasen, in denen jüdische Menschen die Städte und ländlichen Gemeinden, die Künste und das Handwerk, die Fabriken und Schulen, die Vereine und Kneipen der Oberlausitz mitgestalteten und ihre Spuren hinterließen. Und auch wenn ihre Nachfahren zum größten Teil heute nicht mehr hier leben, bleiben sie trotzdem mit den Herkunftsorten ihrer Familien verbunden.
In unserem Podcast „Der gelbe Faden“ begeben wir uns gemeinsam mit Historiker:innen, Angehörigen jüdischer Familien und freiwillig Engagierten auf die Suche nach Geschichten und Orten jüdischen Lebens in der Oberlausitz.
Folge 1: „Die zwei Leben des Jan Gessler“
In der ersten Folge erzählen wir die Geschichte von Jan Gessler, der 1922 als Hans Claus Gessler in Zittau geboren wurde.
Wir fragen nach: Wie war es, in den 1920er Jahren als jüdische Familie in Zittau zu leben? Warum hat Jan seinen Namen geändert? Wie konnte er aus dem nationalsozialistischen Deutschland fliehen und eine Familie in Großbritannien gründen? Und was verbindet diese Familie heute noch mit Zittau und der Oberlausitz? Darüber sprechen wir unter anderem mit Jans Tochter, Sue Gessler.
Zu Wort kommt auch Patricia Steege, die 2019 bei der Verlegung von Stolpersteinen für Jan Gessler, seinen Bruder Otto und ihre Mutter Erna half. Dabei lernte sie Sue Gessler und ihre Familie kennen, woraufhin sie beschloss, die Patenschaft für ihre Stolpersteine zu übernehmen.
Folge 2: „In einem Friedhof lesen wie in einem Buch“
In der zweiten Folge geht es um jüdische Friedhöfe, denn wie an vielen Orten in Europa sind diese auch in Bautzen, Zittau und Weißwasser das Einzige, was von den Vorkriegsgemeinden nach der Shoah übrigblieb. Der Historiker und Judaist Uri Faber erzählt uns, wie man aus einem Friedhof die Geschichte einer Gemeinde ablesen kann. Internationale Freiwillige berichten von ihren Erfahrungen beim MAZEWA-Projekt im Dreiländereck, und der Berater für nachhaltigen Tourismus Simon Reuter verrät, wie man Menschen für Geschichte begeistert, die sich nicht besonders für Zahlen, Daten und Fakten interessieren.
Ausblick: Folge 3
Die dritte Folge führt uns nach Görlitz, wo die Familie Arnade ab den 1870er Jahren einen beachtlichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aufstieg erlebte. Sie lösten sich um 1900 vom religiösen Judentum ab, einzelne Mitglieder konvertierten zum Christentum, alle akkulturierten sich umfänglich an die deutsche Mehrheitsgesellschaft. Um 1930 waren sie in Görlitz gesellschaftlich angesehen und politisch Vertreter einer patriotischen bis nationalistischen deutschen Politik.
Wie kam es dazu, dass dennoch alle Mitglieder der Familie in der NS-Zeit von Verfolgung und Vertreibung betroffen waren und und über 30 ermordet wurden?
Alle Folgen gibt es auf den gängigen Streaming-Plattformen oder hier: https://dergelbefaden.podigee.io/
AKL

MAZEWA – jüdisches Leben und Sterben im Dreiländereck. Das NETZWERKSTATT-Projekt hat 2020 bis 2022 stattgefunden und baut auf die langjährige Arbeit des Projektbereichs mit dem jüdischen Friedhof Zittau auf. Dieser fungierte als Ausgangspunkt, um Menschen aus ganz Europa, aber auch aus der Umgebung, aktuelles jüdisches Leben sowie jüdisches Kulturerbe in unserer Region näherzubringen. Das vielschichtige Projekt gliederte sich in zwei Freiwilligenprojekte, die digitale Erschließung des jüdischen Friedhofs Zittau in Form eines virtuellen Rundgangs sowie das wieder Sichtbarmachen der 1938 gesprengten Trauerhalle und die Errichtung von Interpretationstafeln auf dem Gelände des Friedhofs. Ein kulturelles Rahmenprogramm begleitete das Projekt.
Im Juli 2021 kamen 12 Freiwillige aus 11 Ländern im Rahmen des MAZEWA/European Heritage Volunteer Projekts nach Zittau. Im Mittelpunkt der zweiwöchigen Jugendbegegnung standen neue Formen der Erforschung und Vermittlung des jüdischen Friedhofs Zittau als einer der wenigen erhaltenen Orte jüdischen Kulturerbes in der Region. Mithilfe digitaler Methoden der Kulturerbe-Interpretation erarbeiteten die Teilnehmenden gemeinsam Inhalte für den virtuellen Rundgang über den Friedhof. Hier einige Eindrücke aus den zwei Wochen:
Im September 2021 durften wir erneut 15 junge Menschen aus ganz Europa zum MAZEWA Workcamp in Zittau begrüßen. Wir besuchten Orte jüdischen Lebens in Deutschland, Tschechien und Polen. Außerdem setzten wir uns mit Begräbnistraditionen verschiedener Kulturen, Religionen und Länder auseinander. Auf dem jüdischen Friedhof konnten wir unter Anleitung eines Landschaftsgärtners die Umrisse der 1938 gesprengten Trauerhalle wieder sichtbar machen. Hier einige Eindrücke von den zwei September-Wochen:
MAZEWA bestand außerdem aus einem Kultur- und Bildungsprogramm mit unterschiedlichsten Veranstaltungen. Wegen der Corona-Pandemie fanden viele Veranstaltungen online statt, aber nicht alle! In Gedenken an die Novemberpogrome 1938 gab es im November 2020 einen Stadtrundgang „zum Selbermachen“. Darüber hinaus gaben Klezmeresque ein Konzert im Zittauer Wächterhaus, das live übertragen wurde und auf Youtube/mazewaeu nachgehört werden kann. Dort findet ihr auch unseren Online-Talk zum Thema „Freiwilliges Engagement für jüdisches Kulturerbe,“ mit zwei jungen Freiwilligen und dem jüdischen Historiker Uri Faber sowie drei Folgen von Ask a Rabbi. In dieser Talkshow beantworteten zwei Rabbis unsere Fragen zu jüdischem Leben und jüdischen Traditionen. Anbei einige Eindrücke:
Aber was bleibt nach MAZEWA? Den Teilnehmer:innen an den Projektwochen und uns bleiben viele tolle Erinnerungen und Erfahrungen. Der jüdische Friedhof Zittau hat sich in den vergangenen zwei Jahren stark verändert. Sandsteine im Boden zeichnen die Umrisse der gesprengten Trauerhalle und ein Bronzemodell zeigt diese im Detail. Sechs Metalltafeln verdeutlichen zudem die Geschichte des Ortes und nehmen Bezug auf ausgewählte Biografien von Verstorbenen. Der jüdische Friedhof Zittau konnte so ganzes Stück anschaulicher gemacht werden. Ein Besuch lohnt sich!
Zum Tag des offenen Denkmals bietet die Netzwerkstatt Führungen über den Friedhof an. Dieser findet jährlich am zweiten Sonntag im September statt; dieses Jahr am 11.09. Der Friedhof ist von 10:00 bis 17:00 Uhr geöffnet.
Neben den physischen Ergebnissen konnten wir durch die Arbeit der Freiwilligen in den ersten beiden Projektwochen den jüdischen Friedhof als digitalen Lernort erschließen. Der virtuelle Rundgang ist inzwischen auf Deutsch, Englisch, Tschechisch und Polnisch verfügbar.

Trotz Corona-Pandemie haben wir uns 2020 für die Durchführung entschieden. Lange blieb unsicher, ob die internationalen Jugendbegegnungen tatsächlich vor Ort stattfinden könnten. Trotz der schwierigen Umstände und zahlreicher Planänderungen können wir heute sagen, dass MAZEWA ein Erfolg war und ist. Viele Menschen aus dem Dreiländereck, aus Europa und darüber hinaus haben an den Veranstaltungen mitgewirkt, diese besucht oder zeigten Interesse für die Themen des Projekts. Aus Zittau und Umgebung beteiligten sich professionelle Handwerker, freiwillige Helfer:innen und ein Architekt mit viel Engagement und eigenen Ideen an der Umgestaltung des Friedhofs.
Die Installationen auf dem jüdischen Friedhof und der virtuelle Rundgang können langfristig von Interessierten und für die Bildungsarbeit genutzt werden. Sie sollen dazu beitragen, jüdische Traditionen und Geschichte im Dreiländereck besser zugänglich und verständlich zu machen. Der Rundgang ermöglicht das Eintauchen in die Geschichte des Ortes und der Menschen, auch wenn man nicht die Möglichkeit hat, vor Ort zu sein. Vor allem Schulklassen sollen von den digitalen Partizipationsmöglichkeiten auf mazewa.eu profitieren. Wenn Sie Interesse an einem Bildungsangebot auf Grundlage des virtuellen Rundgangs haben, kontaktieren Sie uns gerne.
Wir möchten hier nicht nur resümieren, sondern auch allen Teilnehmer:innen an den Freiwilligenprojekten, allen Referent:innen, Expert:innen für jüdisches Leben und die Regionalgeschichte im Dreiländereck sowie allen Unterstützer:innen des Projekts herzlich danken. Unser besonderer Dank gilt unseren Projektpartner:innen: der Jüdischen Gemeinde zu Dresden, der jüdischen Gemeinde Liberec, HATiKVA e.V., Besht Yeshiva Dresden, Vereinigung Junger Freiwilliger e.V., European Heritage Volunteers und der Stadt Zittau.
Finanziert wurde das Projekt durch die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ und das Auswärtige Amt.
MAZEWA hat gezeigt, dass wir gemeinsam auch in herausfordernden Zeiten viel bewirken können und wir hoffen, dass uns die Zusammenarbeit in Zukunft ebenso gut gelingt!
Weitere Einblicke in die internationalen Jugendbegegnungen gibt es hier: http://hillerschevilla.de/netzwerkstatt-blog/rueckblick-mazewa-zeigt-den-juedischen-friedhof-aus-neuen-perspektiven/
http://hillerschevilla.de/netzwerkstatt-blog/raus-aus-der-schule-rein-in-die-welt/
AKL, TS
Mehr als 77 Jahre ist es her, dass gut 700 km von Zittau entfernt in Amsterdam eine Teenagerin ihre Gedanken und Gefühle einem Tagebuch anvertraute. Was alltäglich klingt und dazu noch weit vom hier und jetzt entfernt scheint, wirkt jedoch bis heute. Das Mädchen war Anne Frank. In ihrem Tagebuch beschrieb sie die Verfolgung durch die Nationalsozialisten, das Leben im Versteck, die Angst entdeckt zu werden, aber auch die Hoffnungen und Wünsche einer Jugendlichen.
Mit unserer Stadt scheint das auf den ersten Blick im Jahr 2022 nicht viel zu tun haben. Dass dem nicht so ist, bewiesen die 33 Peer-Guides, 800 Schüler:innen der umliegenden Schulen, zahlreiche Engagierte und Besucher:innen in der Ausstellung »Deine Anne. Ein Mädchen schreibt Geschichte«, die vom 15. Juni bis 14. Juli in der Johanniskirche Zittau zu sehen war. Insgesamt haben sich ca. 130 Menschen als Peer-Guides, Vorleser:innen, Organisator:innen des Begleitprogramms oder Mitwirkende bei der Kunstaktion „Tagebuchanstöße im Stadtraum“ – meist ehrenamtlich – engagiert. Das Rahmenprogramm und ein Großteil der Werbung wurde fast ausschließlich aus Spenden bestritten, die uns über 20 lokale Unternehmen und Einzelpersonen ermöglichten.

Die Wanderausstellung des Anne Frank Zentrums erzählt von Annes Aufwachsen im Deutschland der frühen 1930er Jahre, dem Leben der Familie Frank in Amsterdam ab 1934, den Restriktionen gegen sie, der Verfolgung der niederländischen Jüdinnen und Juden ab 1940, dem Zusammenleben im Versteck, den Helfer:innen, dem Verrat und schließlich der Ermordung Annes und der anderen Versteckten. Die Ausstellung zeigt damit wie der nationalsozialistische Terror ein Familienleben beeinflusste und letztlich zerstörte. Annes Aufzeichnungen geben acht Verfolgten von den über 6 Millionen jüdischen Opfern ein Gesicht.
In einem zweiten Teil der Ausstellung konnten sich die Besucher:innen mit den Hintergründen von Ausgrenzung und deren Folgen auseinandersetzen. Was macht mich und mein Gegenüber aus? Was definiert uns? Wer gehört zu uns, wer nicht? In welchen Schubladen denken wir? Dieser Teil der Ausstellung regt durch die direkte Ansprache zur Reflektion persönlicher Erlebnisse an.
Unkommentiert blieben die Inhalte der Ausstellung in Zittau aber nicht. 27 Schüler:innen führten Schulklassen aus der Umgebung durch die Ausstellung. Ebenso vermittelten sechs erwachsene Peer-Guides Gruppen die Inhalte. Ein vielfältiges Begleitprogramm aus Lesungen, Konzerten, Theater und Workshops trug die Themen zusätzlich in die Stadtgesellschaft.
Anne Franks Erlebnisse liegen zwar weit zurück, an Aktualität hat die Auseinandersetzung mit ihnen aber nicht verloren. Wenn demokratische Werte in Frage gestellt werden und „alternative Fakten“ weder erkannt noch hinterfragt werden, kann uns Annes Geschichte vor Augen führen, wohin die vermeintlichen Lösungsansätze des Populismus führen können.
Das Projekt „Deine Anne“ in Zittau endete zwar am 14. Juli mit der Finissage in der Johanniskirche, ohne Nachhall bleibt es aber vermutlich nicht. Neben dem großen Dank an alle Beteiligte und besonders an die Peer-Guides stellte sich auch die Frage „Was bleibt?“. Zwei jugendliche Ausstellungsvermittler:innen des Projektes und zwei heute erwachsene Frauen, die vor über 20 Jahren Peer-Guides des Anne Frank Ausstellung waren, erzählten von ihren Eindrücken, ihren Beweggründen und davon, was sie aus den Projekten mitgenommen haben.


Projekte wie dieses können nicht nur ganze Biografien durch eine spätere Berufswahl oder den Einsatz fürs Ehrenamt prägen. Das Projekt hat das Potenzial, nachhaltig für das Thema der Diskriminierung zu sensibilisieren und die Aktualität im Vergangenen erkennbar zu machen.
Und auch zukünftig, möchte die Netzwerkstatt mit Peer Guides, interessierten und engagierten Menschen der Stadtgesellschaft weitere Themen umsetzen und sich Inhalten nähern – gern informieren wir Sie darüber und laden zum Mitmachen ein.
Am Samstag, den 18. Juni 2022, fand ein Landart-Festival im verschwundenen Dorf Jablonecek im Geopark Ralsko (CZ) statt. 300 Besucher:innen, die sich hier auch dieses Jahr getroffen haben, konnten im Rahmen des bunten Programms auch internationale Auftritte und Präsentationen von Jugendlichen aus dem Dreiländereck genießen. Es handelte sich um Ergebnisse aus den unterschiedlichen Werkstätten, die im Geopark Ralsko und im Begegnungszentrum Großhennersdorf eine Woche vorher stattgefunden hatten. Insgesamt haben sich daran ca. 60 Jugendliche aus unterschiedlichen Schulen beteiligt.


Im Geopark Ralsko haben sich die Jugendlichen aus Deutschland und Tschechien mit der Natur auseinandergesetzt und in den Werkstätten Holzzauber, Imaginarium sowie Happening und Performance gearbeitet.
Im Begegnungszentrum Großhennersdorf fanden die Werkstätten Theater und Musik statt. Nach dem ersten Kennenlernen am ersten Tag entdeckten alle Teilnehmenden gemeinsam verschiedenste vergessene Orte rundum Großhennersdorf und verbrachten die Zeit mit dem Lösen von Aufgaben in sprachlich gemischten Gruppen. Dies brachte die Inspirationen, die der Gruppe half, sich mit den gemeinsamen Geschichten des Dreiländerecks zu beschäftigen. Sie sorgte ebenfalls für ein angenehmes und familiäres Klima zwischen den Teilnehmenden und erschuf die Möglichkeit zu einer intensiven und freundschaftlichen inhaltlichen Zusammenarbeit. Auch in den nächsten Tagen außerhalb der Arbeitszeit hatten die Teilnehmenden die Chance, neue Menschen kennenzulernen, sich mit der Kultur des jeweils anderen Landes auseinander zu setzen und ihre Teamfähigkeit auszubauen.


Während der gemeinsamen Tage entstand ein tolles Werk, das Theaterstück und Musik vereint. Die jungen Menschen konnten trotz unterschiedlicher Muttersprachen die aktuellen und historischen Themen bewundernswert verbinden und aktuelle Befürchtungen auf den Punkt bringen. Den großen Beifall bei der Präsentation beim Festival in Ralsko am vorletzten Tag der Werkstattwochen haben sich alle verdient und genossen.
Zu schnell näherte sich die aufregende Woche dem Ende und der Abschied von neu gewonnenen Freunden erwies sich als sehr emotional für die Teilnehmenden. Viele von ihnen bleiben bis heute noch in Kontakt und die Situation des Dreiländerecks brachte erneut Menschen zusammen.
Im Rahmen des Projektes sind in diesem Jahr noch weitere Begegnungsformate für Schüler:innen sowie Fortbildungen für Lehrkräfte und Jugendpädagog:innen geplant.
Kontakt und weitere Informationen: p.zahradnickova@hillerschevilla.de
Das Projekt ist aus EU-Mitteln finanziert (SN_CZ, Interreg V A).
Am 15. Juni wurde die Ausstellung „Deine Anne – ein Mädchen schreibt Geschichte“ in der Zittauer Johanniskirche eröffnet. Die Mischung im Publikum machte es deutlich, es handelt sich nicht einfach nur um eine Ausstellung. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt auf mehreren Ebenen. Künstlerinnen und Künstler beteiligten sich bereits im Vorfeld und arbeitetet zum Thema Anne Frank – zu sehen in Schaufenstern des Zittauer Innenstadtraums. Außerdem wurden an drei Tagen Peer Guides (Ausstellungsbegleitungen) ausgebildet, welche nun Besucher:innen durch die Ausstellung führen. Dieser Ansatz ist das pädagogische „Herzstück“ von „Deine Anne“ – Gleichaltrige vermitteln ihrer Altersgruppe die Inhalte der Ausstellung. Daran beteiligen sich 27 Schüler:innen aller Zittauer weiterführenden Schulen sowie der Schkola Oberland und darüber hinaus noch sieben erwachsene Personen aus der Region.
Die ersten Peer Guide Begleitungen sind bereits gelaufen und es herrscht eine interessierte, aber auch engagierte Atmosphäre im Ausstellungsort Johanniskirche. Schnell kommen die Beteiligten untereinander ins Gespräch und entdecken gemeinsam die beiden Ausstellungsteile. Im Ersten wird anhand des Lebens von Anne Frank eine historische Einführung in den Kontext ihrer Zeit gegeben. Im zweiten Teil wird der Bezug zum Heute hergestellt. Dabei werden Fragen gestellt: „Wer bin ich und was macht mich aus?“ „In welche Schublade werde ich gesteckt und stecke ich andere?“ „Wo beginnt Diskriminierung, wie kann ich mich dagegen engagieren?“. Am Ende einer ca. zweistündigen Führung stehen neue Perspektiven auf vermeintlich schon bekannte Sachverhalte und Themen.


Neben diesen Führungen ist die Ausstellung in der Zittauer Johanniskirche natürlich auch für einzelne Interessierte geöffnet, immer Dienstag bis Samstag von 10 bis 17 Uhr. Außerdem gibt es ein reichhaltiges Begleitprogramm zur Ausstellung – für diese Veranstaltungen sind sie herzlich eingeladen – Details finden Sie unter folgenden Link: https://deine-anne-zittau.info/begleitprogramm
Über das Programm hat auch der MDR in einem kurzen Beitrag berichtet, den Sie hier anhören können.
Entdecken Sie mit uns die Ausstellung „Deine Anne – ein Mädchen schreibt Geschichte“, bis bald – Patrick
PW
Die Ausstellung „Deine Anne. Ein Mädchen schreibt Geschichte“ ist vom 15. Juni bis zum 15. Juli in der Zittauer Johanniskirche zu Gast. Rundherum hat die Netzwerkstatt ein umfangreiches Rahmenprogramm auf die Beine gestellt. Teil dieses Programms war die feierliche Eröffnung der Ausstellung am Abend des 15. Juni. Am Sonntag zuvor fand in der Hillerschen Villa bei Kaffee und Kuchen eine Salonlesung anlässlich der Geburtstage von Anne Frank und Bertha Hiller statt. Hier mehr zu Rahmenprogramm und anstehenden Veranstaltungen.
Ausstellungseröffnung in der Johanniskirche
Dass Anne Frank bewegt, war in der Eröffnungsveranstaltung deutlich zu spüren. Durch die eindrucksvolle Lesung einzelner Tagebuchpassagen durch die Schauspielerin, Blanche Kommerell, war Anne Frank an diesem Abend von Anfang an in der Johanniskirche präsent.



Viele der Redebeiträge waren sehr persönlich. So z.B. der von Oberbürgermeister Thomas Zenker, der die Ausstellung „Deine Anne“ im Rahmen seiner damaligen Tätigkeit in der Netzwerkstatt der Hillerschen Villa vor einigen Jahren selbst an die Schkola Ebersbach geholt hatte. Aufgrund seiner damaligen Erfahrungen hat er das Projekt „Deine Anne Zittau“ mit angeregt und von Anfang an unterstützt. Er rief dazu alle Anwesenden dazu auf, dafür zu sorgen, dass viele, viele Menschen aus Zittau und Umgebung diese Ausstellung sehen. Antisemitismus, Rassimus und andere Arten von Diskriminierung seien nach wie vor Themen, mit denen wir uns hier in unserer Region auseinander setzen müssen, wie aktuelle Ereignisse und Diskussionen zeigen.
Die 13jährige Madlen Bock ließ die Zuschauer*innen die Zerrissenheit der jungen Anne in ihrer Tanzperformance mit einer körperlichen Tiefe erleben, die nicht mit Worten widerzugeben ist und die das Publikum sehr beeindruckt hat.



Im weiteren Verlauf der Veranstaltung kamen Menschen zu Wort, die am Projekt „Deine Anne“ mitwirken.
So berichteten die Peer-Guides von ihrem Einführungsseminar. Mit Referent*innen des Anne Frank Zentrums haben sich die Jugendlichen in den zwei Tagen vor der Eröffnung Wissen über Anne Frank und die Zeit des Nationalsozialismus erarbeitet und sich methodische Kompetenzen für die Ausstellungsbegleitungen angeeignet. Es war zu merken, dass sie viele Impulse mitnehmen, aber auch Respekt vor ihrer Aufgabe haben, in den kommenden Wochen zahlreiche Schulklassen durch die Ausstellung zu führen.
Weiterhin berichteten Jenny Böttcher vom Café X und der Künstler Frank Hiller von Ihren Kunstprojekten, die sie im Rahmen der Kunstaktion „Tagebuchanstöße im Stadtraum“ durchgeführt haben bzw. noch durchführen. Insgesamt haben sind an der Kunstaktion über 40 Künstler*innen und Jugendliche beteiligt und sich mit Zitaten von Anne Frank künstlerisch auseinander gesetzt. Anhand von Bildbeispielen konnten sich die Teilnehmenden davon überzeugen, wie eindrucksvoll und vielfältig die entstandenen Kunstwerke sind, die während der nächsten Wochen in den Schaufenstern leerer Läden ausgestellt sind.
Mit einem Ausblick auf das Programm und Musik von Linus Haagen endete die Veranstaltung, die vielen noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Salonlesung anlässlich des Geburtstags von Anne Frank und Bertha Hiller
Am Sonntag, 12. Juni 2022, wäre Anne Frank 93 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass ist im Jolesch eine festliche Kaffeetafel gedeckt und es erklingt Tangomusik der 30er/40er Jahre. Eine bunt gemischte Tischgesellschaft hat sich eingefunden, um an Anne zu erinnern. Doch nicht nur um Anne Frank sollte es gehen, sondern auch um Bertha Hiller. Die ehemalige Hausherrin der Hillerschen Villa hätte ihren 153. Geburtstag im März gehabt. Eine geplante Veranstaltung dafür musste wegen Corona ausfallen.



Anne Frank und Bertha Hiller verbindet das Eingesperrtsein während der NS-Zeit. Annes Familie ist 1942 in Amsterdam ins Versteck gegangen. Bertha Hiller zahlte in Zittau eine hohe „Judenvermögensabgabe“, um nicht deportiert zu werden und wurde von den Nazionalsozialisten unter Hausarrest gestellt. Anne und Bertha lebten beide in großbürgerlichen Verhältnissen. Annes Vater entstammt einer Bankiersfamilie, ihre Mutter einer Fabrikantenfamilie. Bertha war die Ehefrau von Gustav Hiller, dem Gründer der Phänomen-Werke in Zittau. Beide Frauen waren sehr gebildet und haben viel gelesen. Die Literatur war für sie ein Rettungsanker in der Zeit des Eingesperrtseins. In dem Jahr, in dem Anne Frank ihr Tagebuch zu ihrem 13. Geburtstag geschenkt bekam, stirbt Bertha Hiller.
An diesem besonderen Nachmittag erfahren wir noch einiges mehr über beide Frauen und Familien und erleben das Jolesch in einem ganz besonderen Flair.
Ein Dank für die gelungene Veranstaltung geht an die Vorleserinnen Siglinde Trumpf und Monika Hahnspach sowie an Armin Pietsch, der uns neben Texten über die Familie Hiller auch durch die Hillersche Villa führte. Außerdem danken wir den Stolpersteinpat*innen für die Dekoration und leckeren Kuchen.
AKn
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