Ab dem 1. Januar 2024 wird dieser Blog nicht mehr aktualisiert. Er bleibt vorerst bestehen, um die Arbeit der Netzwerkstatt in den vergangenen Jahren zu dokumentieren. Alte Inhalte und Neuigkeiten finden Sie für den Bereich Zeitgeschichten (historisch-politische Bildungsarbeit) auf zeitgeschichten-oberlausitz.de. Aktuelles zur Demokratieförderung der Partnerschaften für Demokratie finden Sie unter neisse-pfd.de.
Leihen Sie sich einen Menschen aus…
… hören Sie 20 min einfach zu und kommen Sie miteinander ins Gespräch!
Das war unsere Einladung zur Lebendigen Bibliothek, die am 24.11.2023, im Rahmen der Zittauer Lesenacht stattfand. Der Abend bot reichlich Gelegenheit, sich zu überzeugen, wie wunderbar das Konzept der Lebendigen Bibliothek funktioniert: Die Besucher*innen leihen sich für eine begrenzte Zeit einen Menschen aus, der als lebendiges Buch seine persönliche Geschichte erzählt, über die man in freundlicher, geschützter Atmosphäre miteinander ins Gespräch kommen kann.
Zentrum unserer Lebendigen Bibliothek war das Atrium der Kreismusikschule im Noackschen Haus. Hier hatten wir einen Bibliothekstresen mit Cafébereich eingerichtet. Auf den Tischen fanden die Besucher*innen einen kleinen Katalog, in dem wir unsere lebendigen Bücher mit Buchtitel und einem kurzen Klappentext vorstellten.
Nachdem das erste Eis gebrochen war, trauten sie sich bald die ersten Leser*innen ein Buch auszuleihen. Danach waren unsere lebendigen Bücher waren fast durchweg entliehen. Die wundervollen Musikschulräume in der 1. Etage des Noackschen Hauses hatten wir in gemütliche hergerichteten „Leseecken“ verwandelt. Hierhin zogen sich die Bücher mit ihren Leser*innen zurück und erzählten aus ihrem Leben. Dabei entspannen sich Gespräche, für die die 20minütige Ausleihdauer meist zu kurz war, so dass viele Leser*innen ihre Bücher verlängerten.
Unsere lebendigen Bücher erzählten vom Loslassen und Neuanfangen: z.B. vom Weg aus der Alkoholsucht oder vom Aufbauen eines neuen Lebens nach der Flucht. Sie erzählten davon, mutige, richtungsweisende Lebensentscheidungen zu treffen, wie die Entscheidung in eine Ordensgemeinschaft eines Klosters einzutreten und diese nach einer langen Zeit wieder zu verlassen und zu heiraten oder von Entscheidungen ins Ausland zu gehen, dort zu leben und zu arbeiten und dann nach vielen Jahren wieder nach Deutschland zurück zu kehren. Auch der steinige Weg zu einer Professur in der Wissenschaft war Thema eines unserer lebendigen Bücher, während ein anderes darüber berichtete, wie es als Mensch mit einer Behinderung Mut und Motivation fand, sich für das Thema Inklusion zu engagieren.
Wir alle wurden mit der anregenden Atmospäre eines besonderen Abends beschenkt. Wir waren ein tolles Team, bestehend aus acht lebendigen Büchern und sechs Bibliothekar*innen, mit denen wir die Bibliothek auf die Beine stellten und hatten sehr interessierte und begeisterte Leser*innen.
Wir bedanken uns außerdem bei der Kreismusikschule Dreiländereck, dem Gerhart Hauptmann Theater, dem Jolesch der Hillerschen Villa und Anna Pasichnichenko.
Im Jahr 2019 lernte ich innerhalb eines Schulprojektes Jan Müller kennen – er war als Zeitzeuge in die Schkola Ebersbach, zum Thema „das Leben nach 1945“, eingeladen. Müller verbrachte sein ganzes Leben in und um Rumburk. Als sog. Sudetendeutscher wurden er und seine Familie nach 1945 nicht vertrieben, sein Vater war als Webmeister weiterhin in einer wichtigen und notwendigen Position. Und so wuchs der 1936 geborene Jan Müller in ein für ihn neuen und zum Teil fremden Land auf. – Offen und ehrlich erzählte Müller seine Geschichte, ohne Verbitterung oder gar Revanchismus.
Schnell entstand die Idee einen Film über ihn und Teilen seiner Lebensgeschichte entstehen zu lassen. Müller war einverstanden und so begleiteten wir ihn im Sommer 2021. Müller war ein stets im Heute lebender und engagierter Mensch. Seit Ende der 1990er Jahre war er als Kirchendiener in der Maria Hilf Basilika in Filipov engagiert, außerdem organisierte er für viele Menschen und Gruppen Führungen in der Kirche, aber auch im gesamten Schluckenauer Zipfel. Jan Müller war bekannt und beliebt. Stolz präsentierten wir gemeinsam im Mai 2022, im Rahmen des Neissefilmfestivals, seinen/ unseren Film „Pan Müller“. Das Ebersbacher Kino war voll und Jan Müller glücklich. Ein wenig stolz gab er im Anschluss der Vorführung gern Auskunft und ging auf Zuschauerfragen ein.
In der Zeit danach waren wir noch gemeinsam in Schulklassen, aber auch bei Vereinen und Veranstaltungen unterwegs, präsentierten den Film und kamen ins Gespräch. Aber auch außerhalb dieser „Termine“ besuchte ich ihn. Anfang Oktober verstarb Jan Müller – sein Film soll und wird weiterhin gezeigt werden, ganz in seinem Sinne – doch Jan Müller wird fehlen.
Ich bin dankbar für die Begegnung mit ihm – Patrick Weißig.
„Wir wussten gar nicht, dass es in Zittau einen jüdischen Friedhof gibt!“ – Dieser Satz fiel häufiger, am diesjährigen Tag des offenen Denkmals. Zahlreiche Besucher*innen nutzten das schöne Wetter und die Gelegenheit, den jüdischen Friedhof in Zittau entweder auf eigene Faust oder während einer Führung zu erkunden. Ich durfte den Friedhof schon im Rahmen eines schulischen Projektes kennenlernen. Da dies jedoch schon länger zurückliegt, freute auch ich mich, mein Wissen aufzufrischen und einen tieferen Einblick sowohl in die Geschichte des Friedhofes, als auch in die, der jüdischen Kultur in Zittau zu erhalten. Und so lauschten nicht nur die Besucher*innen, sondern auch ich gebannt den Ausführungen während der Führungen.
Eine unserer Mitarbeitenden führte über den Friedhof und erklärte sowohl die Bedeutung der jüdischen Bräuche, als auch die Geschichten der dort liegenden Menschen. Ergreifend zu hören war, dass die Gemeinde während der Zeit des Nationalsozialismus fast vollständig ausgelöscht wurde und nur wenig Überlebende zurückblieben. Sich inmitten dieser alten Grabsteine und ihrer Geschichten zu bewegen, war sehr beeindruckend. Es zeigte, wie wichtig es ist, die Erinnerung an die Vergangenheit wachzuhalten und niemals zu vergessen.
Die Besucher*innen hatten zusätzlich die Möglichkeit, an unserem Stand zahlreiches Infomaterial zu erhalten, welches ein Bild über das jüdische Leben in Zittau vermittelt.
Der diesjährige Tag des offenen Denkmals war sicher nicht nur für mich ein besonderes Erlebnis. Ich bekam die Gelegenheit, mehr über die jüdische Kultur allgemein und im Besonderen ihrer Geschichte in Zittau zu erfahren und wurde angeregt, mich mehr mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Dafür bin ich sehr dankbar und hoffe, dass auch weiterhin viele die Gelegenheit nutzen, diesen besonderen Ort zu besuchen und aus seiner Geschichte zu lernen.
FM
Auch in diesem Jahr fand unsere deutsch-tschechische Begegnung „Vergessene Orte“ statt – an vier Tagen beschäftigten sich Menschen aus der Region mit lokaler Geschichte. In diesem Jahr standen die Tage unter dem Thema „In guter Gesellschaft“ – gemeint war damit die Beschäftigung mit früheren Gasthäusern und dem Leben darin. Exemplarisch gingen dabei die Teilnehmenden in Polevsko (CZ) und Großhennersdorf (D) auf Spurensuche und interviewten Menschen welche sich an die ehem. Gasthäusern erinnerten. Anschießend entstanden kleine deutsch-tschechische Filme über diese zum großen Teil „vergessenen Orte“. „Nebenbei“ war noch Zeit für einen gemeinsamen Ausflug nach Kamenický Šenov. Hier engagiert sich der Verein „Sonow“ um die Erhaltung des alten Friedhofes, Vereinsvorsitzender Radim Vácha gab uns dabei ein Blick hinein. Außerdem war natürlich noch Zeit zur Sprache des Nachbarn kennenlernen und für gemeinsamen Austausch.
Im Frühjahr 2024 werden die Ergebnisse präsentiert – wir laden zur gegebener Zeit dazu herzlich ein.
Lidice (20 km nordwestlich von Prag) befand sich jahrhundertelang ein gewöhnliches kleines Bauerndorf im flachen Tal des Flusses Lidice… Bis Juni 1942 lebten hier mehr als 500 Einwohner ihr normales Leben, das Dorf hatte eine Barockkirche, ein Postamt, drei Gasthäuser, drei Geschäfte, einen Schmied, einen Schneider, eine Mühle, ….
Doch nach dem Attentat an den amtierenden Reichsprotektor SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich am 27. Mai 1942 eskalierte der Terror der Nazi-Besatzer gegen das tschechische Volk. Trotz Hinrichtung hunderter von Menschen und umfangreicher Razzien konnten die Angreifer nicht gefasst werden. Als Heydrich am 4. Juni 1942 seinen Verletzungen erlag, beschlossen die Nazis, einen beispiellosen Akt der Einschüchterung in Böhmen und Mähren durchzuführen – die Auslöschung des Dorfes Lidice. Der ehrgeizige Staatssekretär des Reichsprotektorats, SS-Obergruppenführer Karl Hermann Frank, hatte großen Anteil an diesem Plan. Die Nazis wählten Lidice mehr oder weniger zufällig aus – sie benutzten unsinnige und unbewiesene fabrizierte Beweise.
Am Abend des 9. Juni wurde Lidice von Wehrmachts- und deutschen Polizeieinheiten umstellt, niemand durfte das Dorf verlassen. Der Bürgermeister wurde gezwungen, alle Wertsachen der Gemeinde zu übergeben, die Einwohner wurden nach Mitternacht aus ihren Häusern geholt. Die Männer über 15 Jahre wurden im Keller und im Stall von Horáks Bauernhof zusammengetrieben. Alle wertvolleren Gegenstände, Pferde, Rinder, landwirtschaftliche Maschinen usw. wurden eingesammelt und abtransportiert.
Am Morgen des 10. Juni 1942 erschien Karl Hermann Frank um die Liquidierung des Dorfes zu überwachen. Die Frauen und Kinder wurden zunächst in die örtliche Schule getrieben und dann im früh mit Bussen abtransportiert. Währenddessen wurde auf Horáks Hof ein Erschießungskommando vorbereitet. Die Männer wurden dann in Gruppen in einen angrenzenden Garten geführt und dort erschossen. Alle Häuser, einschließlich der Schule, der Kirche und des Pfarrhauses, wurden mit Benzin übergossen und angezündet…
Einige Stunden später wurden die Frauen von ihren Kindern getrennt und in das Konzentrationslager Ravensbrück gebracht, wo die meisten von ihnen ums Leben kamen. Einige Kinder aus Lidice wurden für die Germanisierung ausgewählt, die übrigen über 80 wurden in das Vernichtungslager Chełmno gebracht, wo die meisten in einem speziellen Vernichtungswagen durch Abgase getötet wurden. Am 16. Juni 1942 wurden 26 weitere Einwohner von Lidice, welche entweder zuvor verhaftet worden waren oder sich an diesem schicksalhaften Tag außerhalb des Dorfes aufhielten, auf dem Schießplatz in Prag hingerichtet…
Insgesamt verloren 340 Einwohner von Lidice (192 Männer, 60 Frauen und 88 Kinder) ihr Leben.
Nach dem zweiten Weltkrieg kehrten 143 Frauen und nach einer sorgfältigen Suche, 17 Kinder zurück.
Die verbrecherische Vernichtung von Lidice empörte die ganze Welt durch ihre Planung und Kaltblütigkeit. Städte und Gemeinden in Mexiko, Brasilien und den USA benannten sich aus Protest gegen das Nazi-Verbrechen in Lidice um; auch Babys wurden auf den Namen Lidice getauft. Britische Bergarbeiter gründeten die Bewegung „Lidice Shall Live“ und organisierten eine Sammlung für den Wiederaufbau des Dorfes. Unter dem Namen Lidice kämpften tschechoslowakische Panzer und Flugzeuge sowohl an der Ost- als auch an der Westfront. Lidice wurde so in den Augen der Weltöffentlichkeit zu einem der Symbole des Kampfes gegen den deutschen Nationalsozialismus, zusammen mit dem französischen Dorf Oradour-sur-Glane (1944 ermordet) .… Die Geschichte von Lidice wurde mehrfach verfilmt und in Büchern aufgegriffen.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Dorf wieder aufgebaut, aber aus Gründen des Gedenkens wurde ein neues Dorf an einem anderen Ort unweit des ursprünglichen Dorfes errichtet; der ursprüngliche Ort ist heute die Gedenkstätte Lidice…..
Jeder Mensch in Tschechien kennt die Geschichte von Lidice, aber anderswo ist sie fast in Vergessenheit geraten…. Wir möchten mit unseren Angeboten zu diesem Thema einen Beitrag zum Gedenken an diese traurigen Ereignisse leisten, aber auch das tschechisch-deutsche Begegnungsformat für gegenseitige Gespräche, Diskussion und Vernetzung nutzen. Sowie Einblicke in die gemeinsame grenzüberschreitende Zukunft unserer Region erhalten.
Mit unseren Projektpartnern (der Brücke/Most-Stiftung aus Dresden, dem Lebendigen Gedächtnis aus Prag und der Gedenkstätte Lidice) hat die Netzwerkstatt drei Angebote zum Thema realisiert:
1) 28.08.2023/ 18:00 – 19:30 Uhr (online): Einführung und Kennenlernen
Nach einem interaktiven Kennenlernen der Teilnehmenden führte Kristina Tělupilová, Mitarbeiterin der Gedenkstätte Lidice, mit einer Präsentation und Fotos in das Thema ein und vermittelte grundlegende Informationen und Fakten. Das Online-Treffen wurde von 15 Personen verfolgt.
2) 31.08.2023 / 10:00 – ca. 16:00 Uhr (in Lidice): Gedenkstättenfahrt Lidice
An der Tagesfahrt zur Gedenkstätte Lidice nahmen 35 Interessierte aus Deutschland und der Tschechischen Republik teil. Die meisten fuhren mit dem Bus aus Zittau, einige reisten individuell an. Der Vormittag wurde mit einer Führung durch die Gedenkstätte und das Museum verbracht. Nach dem Mittagessen verbrachte die Gruppe Zeit in der Lidice-Galerie und besichtigte die aktuelle Kunstsammlung, sowie eines der „neuen Lidicer Häuser“, welche für die Frauen gebaut wurden, die den Krieg überlebten und aus den Konzentrationslagern nach Hause zurückkehrten. Zum Schluss nahm sich Gedenkstättenmitarbeiterin Kamila Smetana Varaďová Zeit, um pädagogischen Angebote für die Arbeit mit Schulen vorzustellen. In einer anregenden Diskussion kam es auch zu einem bereichernden Informations- und Erfahrungsaustausch .
3) 07.09.2023 / 18:00 – 19:30 Uhr (online): Zeitzeugengespräch
Dem realen Besuch in Lidice folgte ein weiteres virtuelles Angebot – ein Treffen mit dem Zeitzeugen Jiří Pitín. Er hat die ganze Tragödie überlebt, weil er damals erst 1 Jahr alt war. Fast 20 Personen kamen, um zu erfahren, wie das Schicksal von Lidice sein Leben geprägt hat.
Die Teilnehmenden kamen aus Tschechien und Deutschland. Alle Veranstaltungen fanden auf Tschechisch und Deutsch statt und wurden gedolmetscht, sie waren nicht nur als Bildungsangebot, sondern auch als grenzübergreifender Kontakt konzipiert.
Wir sind allen Partnern und Teilnehmern sehr dankbar für ihre Zusammenarbeit, ihr Interesse und die Zeit, die sie dem Gedenken an unsere gemeinsame Geschichte gewidmet haben. Auch wenn es nicht einfach ist, sind wir überzeugt, dass die Kenntnis der Geschichte einer von den wichtigsten Voraussetzungen für unsere zukünftigen gemeinsamen Schritte ist.
Vielen Dank und wir freuen uns darauf, Sie bald bei unseren nächsten Veranstaltungen wiederzusehen!
Fotos der Gedenkstättenfahrt
„Liebe Hörerinnen und Hörer, bleiben Sie bei Ihren Empfängern“, appellierte der Sprecher des Tschechoslowakischen Rundfunks in der Nacht am 21. August 1968, kurz nach 1.30 Uhr, an die Bevölkerung seines Landes. Wenige Minuten später wurde die Erklärung der Vertreter der tschechoslowakischen Regierung verlesen:
An das gesamte Volk der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik:
„Gestern, am 20. August 1968, gegen 23.00 Uhr, überschritten die Truppen der Sowjetunion, der Volksrepublik Polen, der Deutschen Demokratischen Republik, der Ungarischen Volksrepublik und der Bulgarischen Volksrepublik die Staatsgrenze der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik. Dies geschah ohne das Wissen des Präsidenten der Republik, des Präsidenten der Nationalversammlung, des Ministerpräsidenten und des Ersten Sekretärs des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakischen Republik und dieser Organe.
In diesen Stunden tagte das Präsidium des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei und befasste sich mit der Vorbereitung des XIV. Parteitages. Das Präsidium der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei forderte alle Bürger unserer Republik auf, Ruhe zu bewahren und keinen Widerstand gegen die vorrückenden Truppen zu leisten. Aus diesem Grund haben unsere Armee, die Sicherheitskräfte und die Volksmiliz keinen Befehl zur Verteidigung des Landes erhalten.
Das Präsidium des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei betrachtet diesen Akt nicht nur als Verstoß gegen alle Prinzipien der Beziehungen zwischen sozialistischen Staaten, sondern auch als Verweigerung der grundlegenden Normen des Völkerrechts.
Alle führenden Funktionäre des Staates, der Kommunistischen Partei und der Nationalen Front bleiben in ihren Ämtern, in die sie als Vertreter des Volkes und Mitglieder ihrer Organisationen gemäß den in der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik geltenden Gesetzen und anderen Normen gewählt wurden. Die Verfassungsorgane berufen unverzüglich eine Sitzung der Nationalversammlung und der Regierung der Republik ein, und das Präsidium des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakischen Republik beruft ein Plenum des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakischen Republik ein, um die Situation zu besprechen.“
So begann in der Nacht vom 20. auf den 21. August 1968 die Operation Donau, der Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei, eine unerwartete Invasion der „befreundeten“ Armeen von fünf kommunistischen Ländern. Der Grund für die Intervention, die durch ein Ersuchen des konservativen Flügels der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei unterstützt wurde, waren die als „Prager Frühling“ bezeichneten liberal-reformistischen innenpolitischen Veränderungen in der Tschechoslowakei.
Panzer überquerten die Grenze, Flugzeuge landeten auf Flughäfen… Die meisten wichtigen Städte in der Tschechoslowakei waren besetzt, der Rundfunk wurde unterbrochen. Kurz darauf, als die Resolution noch im Rundfunk gelesen wurde (siehe oben) wurden die führenden Vertreter der tschechoslowakischen politischen Reform verhaftet und in die SSSR/UdSSR gebracht (u.a. Alexander Dubček, Oldřich Černík, Josef Smrkovský). Die Bemühungen der Besatzungsbefürworter um die Einsetzung einer kollaborierenden Regierung wurden jedoch durch den spontanen Widerstand der Mehrheit der tschechoslowakischen Bevölkerung vereitelt, der etwa eine Woche andauerte und in dem die Mensch ihre Unterstützung für die internierten Politiker bis zu deren Rückkehr in ihre Heimat zum Ausdruck brachten.
Nach und nach wurden jedoch die meisten Reformen rückgängig gemacht, das kommunistische Regime wurde durch die Normalisierung der Verhältnisse wieder gefestigt, und die reformorientierten Politiker änderten entweder ihre Meinung oder wurden ersetzt. Der Widerstand der Bevölkerung gegen die Besetzung wurde schließlich durch die brutale Niederschlagung der Proteste am ersten Jahrestag der Besetzung gebrochen. Die Truppen der UdSSR blieben dann bis 1991 in der Tschechoslowakei. Der Sozialismus sowjetischer Prägung wurde dadurch in den Augen der Weltöffentlichkeit diskreditiert.
Wie verliefen die ersten Tage und Stunden der Invasion in unserer Region? Was geschah auf der deutschen und tschechischen Seite der Grenze? Wie verlief der Durchzug der Besatzungstruppen durch Liberec, wo es nach Prag die meisten Opfer gab? Inwiefern war die Armee der Deutschen Volksrepublik an der gesamten Operation beteiligt bzw. nicht beteiligt? Wie verlief die grenzüberschreitende Kommunikation in den ersten Tagen der Besatzung?
Antworten auf diese und andere Fragen suchten wir am Abend des 20. August in Žitava und am folgenden Morgen des 21. August im Zentrum von Liberec. Immer mit einer Gruppe von deutschen und tschechischen Teilnehmern und einem Dolmetscher.
1) Sonntag, 20.08.2023, 17-19Uhr, Zittau (Jolesch – Hillersche Villa)
Am Vorabend des Jahrestages der oben erwähnten Ereignisse haben wir Frau Dr. Markéta Lhotová von der Technischen Universität Liberec in der Hillerschen Villa in Jolesch begrüßt. Sie hat uns mit ihren Erzählungen und Filmausschnitten die Ereignisse des August 1968 in unserer Region näher gebracht. In Jolesch haben sich fast 40 Interessierten getroffen und nach dem Vortrag hat eine spannende Diskussion gefolgt.
2) Montag, 21.08.2023, 9-11:30 Uhr, Liberec
Am nächsten Tag fuhren wir nach Liberec, unserer Nachbarstadt in Böhmen, die von 1968 sehr stark betroffen war und in der die Ereignisse jenes Jahres noch heute in Erinnerung sind. Gemeinsam haben wir an einer Gedenkveranstaltung im Rathaus teilgenommen. Anschließend hatten wir die Gelegenheit, mit mehreren Überlebenden des Durchzugs der Besatzungstruppen zu sprechen und ihre Geschichte zu hören. Bei einem etwa einstündigen Rundgang durch das Stadtzentrum, der von Lubor Lacina, Mitarbeiter des Nordböhmischen Museums in Liberec, haben wir unserem Mosaik von 1968 dann die letzten Informationssteine hinzugefügt.
Vielen Dank für Ihre Interesse und Teilnahme und wir freuen und auf die nächste Veranstaltung mit Ihnen!
Rückblick – Vortrag / Gedenkveranstaltung / Zeitzeugengespräch / historische Stadtführung
Seit 2019 fördert die Partnerschaft für Demokratie der Stadt Zittau Projekte für Demokratie, für Vielfalt und gegen Extremismus. Gemeinsam mit dem federführenden Amt und dem Begleitausschuss unterstützt euch die Koordinierungs- und Fachstelle bei Fragen rund um euer Engagement in der Stadt und den Ortsteilen. Damit wir nah an euren Bedarfen, Erfahrungen und eurem Feedback dran sind, organisieren wir einmal im Jahr eine Demokratiekonferenz. Hier geht es um eure Sicht auf die Situation vor Ort, in euren Projekten aber auch gesellschaftlich und politisch. Die Ergebnisse dieser Veranstaltungen sollen aber nicht in Schubladen verschwinden. Sie sollen uns dabei helfen, die Ziele der PfD bei Bedarf nach zu justieren, Ressourcen zusammen zu bringen und Netzwerke zu knüpfen.
Dieses Jahr fand die Demokratiekonferenz unter der Überschrift „Mitdenken für die Demokratie“ am 30. August im Gemeindesaal der Kirchgemeinde St. Johannis statt. Vorbereitend trafen sich im Juni die Mitglieder des Begleitausschusses der PfD und Projektträger sowie Engagierte der Zivilgesellschaft zu einem Strategietreffen, um sich darüber auszutauschen, was die Demokratie vor Ort aktuell gefährdet. Aus dieser Veranstaltung gingen thematische Schwerpunkte hervor, die in der Demokratiekonferenz vertiefend in Arbeitsgruppen besprochen werden sollten: kommunalpolitische Beteiligung, Demokratiebildung, Sensibilisierung für Diskriminierung, Selbstwirksamkeit.
Ute Wunderlich, die zweite Stellvertreterin des Oberbürgermeisters, Thomas Zenker, verlas zu Beginn der Demokratiekonferenz dessen Grußwort und die darin enthaltene Warnung vor den Rufen nach dem Ende der Parlamentarischen Demokratie.
Anne Knüvener von der Fach- und Koordinierungsstelle der PfD knüpfte an und schilderte die im Strategietreffen herausgearbeiteten Gefahren der Demokratie in Zittau. Genannt wurden die Passivität einer schweigenden Mehrheit, lauter werdende Äußerungen von Ideologien der Ungleichwertigkeit, fehlende oder erschwert zugängliche Ressourcen für Akteur*innen der Demokratiearbeit. Anne Knüvener informierte außerdem zur Lage vor Ort aus PfD-Sicht. Markante Leerstellen in Bezug auf Zielgruppen (Senior*innen, Sport) oder Projektinhalte (Zittauer Ortsteile, Diskriminierungssensible Projektthemen) sprach sie ebenso an wie die Hürden der Integrationsarbeit vor Ort, den Stand zur im Aufbau befindlichen Jugendbeteiligung und Schilderungen, wonach die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in Schulen zunehmend durch ein gestiegenes Gewaltpotenzial erschwert wird.
Dorothea Schneider und Marie Wobst, die Sprecherinnen der Demokratie AG der Landkreise Görlitz und Bautzen ergänzten die Situationsanalyse. Sie stellten die Ergebnisse aus den Befragungen der in der AG vertretenen 14 Träger vor. In der Zusammenfassung lassen sich Gefahren für die Demokratie vor Ort auf zwei Ebenen identifizieren: Zum einen wird die Arbeit der Träger durch finanzielle Kürzungen, einen hohen Verwaltungsaufwand und eine von parlamentarischen Mehrheiten abhängige und unsichere, weil nicht kontinuierliche, Arbeit beeinträchtigt. Zum anderen sind vermehrt Bedrohungen durch rechtsextreme Akteur*innen gegen Veranstalter*innen und Besucher*innen von für demokratische Werte einstehende Veranstaltungen zu verzeichnen. Rechtsextreme schließen Leerstellen von Freizeitangeboten für Jugendliche und wirken so auf die Radikalisierung von jungen Menschen ein.
Prof. Raj Kollmorgen von der Fakultät für Sozialwissenschaften der Hochschule Zittau/Görlitz plädierte anschließend dafür, die Qualität der deutschen Demokratie im europäischen Kontext zu betrachten. Er warnte vor einem unrealistischen Demokratiebild und betonte, dass Demokratie auch mit Desinteresse umgehen müsste und schließlich das Abbild einer stark differenzierten Gesellschaft in sich trage.
Dem Thema der politischen Bildung in Schulen und außerhalb verlieh er im Kontext des PfD-Wirkungskreises besonders Bedeutung. Defizite in der politischen Bildung in Schulen müssten vermehrt in Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit, in Sport- und Freizeiteinrichtungen aufgefangen werden. Hier sieht er einen konkreten Auftrag für die Partnerschaften für Demokratie. Die Kunst sei es, hier Demokratiearbeit ohne den politischen Zeigefinger zu machen.
Beim Thema Dialog könne er das Bedürfnis nach geschützten Räumen sehr gut nachvollziehen, aber Demokratie lebt von Kommunikation und Offenheit. Dies gelte es immer auszubalancieren.
Um eine Pause herum, bei der die Teilnehmenden Zeit für einen individuellen Austausch hatten, fanden zwei Slots mit je zwei Arbeitsgruppen statt.
In der AG Kommunalpolitische Beteiligung wurden Ablauf, Ziel und Ergebnisse bereits stattgefundener Beteiligungsprojekte besprochen, konkret das aktuell laufende Projekt „Trialog“ und die im Frühjahr stattgefundenen „INSEK Beteiligungswerkstätten“. Im Ergebnis der Diskussion wurde besonders herausgestellt, dass der Umgang mit den Ergebnissen solcher Projekte nicht immer transparent und zur Nachhaltigkeit wenig bekannt sei. Ein weiterer Schwerpunkt der Diskussion war, wie Teilnehmende für Beteiligungsprozesse gewonnen werden können. Hierzu wurden die Möglichkeiten der direkten Ansprache, des Losverfahrens und der Netzwerkarbeit besprochen.
Begleitet von einer Mitarbeiterin der John-Dewey-Forschungsstelle für die Didaktik der Demokratie der TU Dresden besprach eine Gruppe in der AG Demokratiebildung Anforderungen und Ideen der außerschulischen Demokratiebildung. Aus dem Gespräch ergab sich ein Spektrum an Vorschlägen: die Forderung nach mehr inklusiven Angeboten, das Stattfinden der demokratischen Bildungsarbeit im öffentlichen Raum, die dauerhafte Einrichtung eines Zentrums für offene Fragen, Angebote für mehr Selbstwirksamkeitserfahrungen für Jugendliche, nachhaltige Angebote in Kooperation mit Schulen (über kurze Förderzeiträume hinweg).
In der AG Selbstwirksamkeit besprach die Gruppe zunächst die Bedeutung von Selbstwirksamkeitserfahrungen, um das Leben demokratischer Werte zu unterstützen. Schnell fokussierte sich die Gruppe auf die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen. In diesem Kontext wurde herausgestellt, pädagogisches Personal die Ressourcen haben und bereitstellen muss, um jungen Menschen Raum für eigene Projekte zu ermöglichen. Anstatt von Widerspruch sind Handlungsoptionen vorzubringen, die Kinder und Jugendlichen müssen in ihren Vorhaben ernst genommen werden und positive Erlebnisse zur Motivation gefeiert werden, die Zielgruppe muss rechtzeitig in die Prozesse eingebunden werden. Den „Stempel“ der Demokratie braucht es bei solchen Projekten nicht vordergründig. Zielführend sind meist niederschwellige Projekte. Konkret können Projekte mit der peer-group Methode und Veranstaltungen für die Jugendlichen und deren Familien und Pädagog*innen die Inhalte nachhaltiger in eine größere Zielgruppe transferieren.
Bevor in der AG Sensibilisierung für Diskriminierung über konkrete Projekte und Ideen gesprochen wurde, waren sich die Teilnehmenden schnell darüber einig, dass Bedarfe von Betroffenen oft aus Unwissenheit heraus nicht erkannt werden. Hierfür sind Weiterbildungen für Akteur*innen der Träger und das Einbeziehen von Betroffenen bei der Projektplanung notwendig.
Norman Saß, der den inhaltlichen Impuls zur AG gab, betonte, dass man sich von der Komplexität eines inklusiven Projektes nicht abschrecken und in „Schockstarre“ verfallen dürfe. Jeder Schritt, jeder Anfang sei wichtig. Auf dieser Grundlage sprach die Gruppe darüber, dass es ein gemeinsames Netzwerk und einen Ressourcen-Pool zum Thema braucht, damit Träger nicht zu Einzelkämpfern werden und Ressourcen geteilt werden können. Außerdem wurden konkrete Vorschläge für die Arbeit der PfD besprochen: ein geändertes, vereinfachtes Antragsformular, ein inklusiv besetzter Begleitausschuss und die Initialkraft der PfD.
Bereits seit 2013 veranstalten wir einmal jährlich das Großhennersdorfer Kirchenkino – so auch in diesem Jahr. Diesmal beschäftigten wir uns mit regionaler Historie. Patrick Weißig gab einen kleinen Einblick in seine Arbeit innerhalb der Netzwerkstatt der Hillerschen Villa. So stellte er das deutsch-tschechische Projekt „Vergessene Orte“ vor, am Beispiel der ehem. Kreuzschule in der Heuscheune. Anschließend wurde der Film „Pan Müller“ präsentiert. Es ist das filmische Porträt eines Sudetendeutschen, welcher nicht vertrieben wurde, sondern weiterhin in Jirikov (ehem. Georgswalde) lebt. Der Film spannt dabei den Bogen von seiner Kindheit Ende des zweiten Weltkrieges, über seine Jahre bei der Armee, bis hin zu Beruf und seinem jetzigen Engagement im Verband der Deutschen, sowie als Kirchendiener in der Maria-Hilf-Basilika in Filipov. Sichtlich berührt von Müllers Erinnerungen, aber auch positiver Einstellung zum Leben und zur Religion zeigten sich die gut fünfzig Gäste. Vielen Dank für Ihr Interesse, das anschließende Gespräch, sowie die gut gefüllte Kollekte zur Unterstützung unserer Arbeit.
Eine weitere Vorführung des Filmes „Pan Müller“ findet am Donnerstag, den 28. September um 19.00Uhr in der Kirche Bischdorf statt.
Ein letzter Dank gebühren dem Kunstbauerkino, welches die Veranstaltung mit Filmtechnik und großer Leinwand erst zum „richtigen Kino“ werden lässt – sowie der Kirchgemeinde, allen voran Pfarrerin Dorothee Markert.
Auch zum diesjährigen Tag des offenen Denkmals am Sonntag, dem 10. September 2023 werden historische Gebäude und Stätten für Besucher*innen wieder erlebbar. So öffnet die Hillersche Villa für alle, die neugierig sind auf einen Ort, der viel zu erzählen hat, ihre Türen. Das Team freut sich darauf, Ihnen die heutigen Räume zu zeigen und sowohl von der spannenden und wechselvollen Geschichte des Hauses, als auch aus dem schicksalhaften Leben der Familie Hiller zu berichten. Führungen finden um 14:00 und 15:30 Uhr statt. Getränke und Kuchen werden zum Verkauf angeboten. Das Cafè Jolesch ist an diesem Tag geöffnet. Mitmachaktionen laden Kinder ein, sich auszuprobieren.
Der jüdische Friedhof in Zittau öffnet ebenfalls wieder seine Tore. Die Mitarbeitenden der Netzwerkstatt bieten um 11:00 und um 14:00 Uhr Führungen an. Diese widmen sich in diesem Jahr besonders dem Thema Friedhofsschändungen. Aber auch über besondere Gräber, die zerstörte Trauerhalle, die Geschichte des Friedhofes und das jüdische Leben in Zittau wird berichtet. Selbstverständlich können Sie die vorhandenen Infotafeln nutzen, um den Friedhof auch allein zu erkunden. Für Gespräche und Rückfragen stehen die Mitarbeiter*innen aber gern zur Verfügung. Männliche Besucher bitten wir eine Kopfbedeckung zu tragen.
JÜDISCHER FRIEDHOF, SO 10.09. 11 – 14 UHR
HILLERSCHE VILLA, SO 10.09. 14 – 17 UHR
Wir möchten Sie schon jetzt auf eine besondere Filmveranstaltung hinweisen hinweisen und zu dem Film „Pan Müller – hier geblieben.“ Herzlich einladen. Die Dokumentation entstand im Jahr 2021/22 in unserer Dreiländerecksregion, in Jirikov (CZ) (ehemals Georgswalde). Der Film wurde im Jahr 2021 mit dem Spezialpreis des Neissefilmfestivals ausgezeichnet.
Er beschäftigt sich mit der Lebensgeschichte von Jan Müller, welche sinnbildlich für viele Lebensläufe älterer Menschen in der Grenzregion Tschechien-Deutschland steht.
Zum Inhalt: 1936 er als deutschsprechender Tschechoslowake geboren, 1938 in Folge des Münchner Abkommens wurde Jan Müller sogenannter „Reichsdeutscher“ und zu Ende des zweiten Weltkrieges „staatenlos“. Nach 1946 wurden er und seine Eltern tschechoslowakische Staatsbürger, nicht vertrieben und „mussten“ in ihrer Heimat, Jirikov (Georgswalde) bleiben.
Der Film begleitet Jan Müller in verschiedenen Situationen seines Lebens. Sein Engagement für den Verein der Deutschen in Nordböhmen, aber auch seine ehrenamtliche Tätigkeit in der Maria-Hilf-Basilika in Filipov sind zentrale Elemente der filmischen Beobachtung.
Darüber hinaus blickt der Film auf den Lebensweg Müllers zurück. Seine Kindheit in den 1940er Jahren, seine Lehrzeit als Elektriker, ebenso seinen Armeedienst und seine Berufsjahre – bis hin zu seinem vielseitigen Engagement als Senior. Bei diesem, seinen eigenen Blick auf diese Lebensstationen wird sein Wesen deutlich, sein Charme, seine Offenheit und Menschenliebe.
Zu erleben gibt es den Film hier:
Kirche Großhennersdorf, Dienstag 12. September um 19.00Uhr
Kirche Bischdorf, Donnerstag 28. September um 19.00Uhr
Und hier gibt es einen kleinen Trailer zum Film.
Wir freuen uns über Ihren Besuch.
Ich heiße Norman Saß, arbeite und wohne im Pater-Kolbe-Hof Schlegel und interessiere mich für gesellschaftliche Themen und geschichtliche Zusammenhänge. Ich lese sehr gern und bin vielseitig interessiert! Aber mein besonderes Interesse ist das Inklusionsthema!
Mein dreimonatiges Praktikum bei der Hillerschen Villa neigt sich langsam dem Ende zu. Es war eine sehr gute Erfahrung, mit Euch so viel anzupacken und zu bewegen! Ich finde es sehr beeindruckend, wie ihr mich bei Euch aufgenommen habt und das ist nicht selbstverständlich in der heutigen Zeit. Dafür bin ich Euch allen sehr dankbar!
Dass die HV inklusiver werden will, ist eine gute Sache. Ich freue mich auch, dass ich Euch dabei unterstützen darf! Es wird einige Zeit in Anspruch nehmen, aber wenn wir den Weg gemeinsam weiter gehen, denke ich, wird etwas entstehen, wovon die HV sich viel versprechen kann.
Im Weiteren sehe ich eine gute Ergänzung zwischen uns. Da Ihr sehr breit aufgestellt seid und meine Interessen sehr breit gefächert sind, kann ich mich in den unterschiedlichen Bereichen (MGH, Netzwerkstatt, Kronenkino) vielseitig einbringen. Deshalb bin ich sehr froh, dass ich hier arbeiten darf!
Sehr beeindruckend war die Gedenkstätte Großschweidnitz. Es war sehr beklemmend für mich, wie die sogenannten „kranken Morde“ abliefen und als Durchgangslager für die Euthanasie/T4-Aktionen benutzt worden! Für mich war es einerseits bedrückend, andererseits aber schön zu sehen, dass die Opfer nicht vergessen sind.
Gut fand ich auch, dass ich Euch beim Spectaculum unterstützen durfte und dass es ein so gelungenes Fest war, eigentlich wie immer.
Was ich auch aus diesem Praktikum mitnehme, ist ein Stück weit selbstbewusster zu sein und auf meine Stärken zu vertrauen, ohne mich zu überschätzen.
Ich hoffe natürlich, dass es in einer Art und Weise weitergeht und wir den angefangenen Weg weiter beschreiten können! Ich bin auch gern dazu bereit Angebote und Inhalte zu suchen, um die HV inklusiver zu machen.
NoS
Wenn ich mich mit der Zeit des Nationalsozialismus beschäftige, interessieren mich v.a. die Fragen: Was war das für eine Zeit? Was bewegte die Menschen? Und wie konnte das alles passieren?
Ich merke immer wieder, wie ich mit dem rationalen Erfassen, dessen was war, an meine Grenzen stoße. Kunst und Literatur können mir dann Einblicke in diese Zeit gewähren, die mich emotional ergreifen, so dass ich etwas mehr begreife.
Jüngste Beispiele dafür sind die musikalische Lesung „Die Unsterblichkeit der Sterne – Verb(r)annte Bücher, „verfemte“ Komponisten, unsterbliche Biografien“ und die szenische Installation „Das Grenzlandtheater“.
In ihrer Lesung zum Gedenken an die Bücherverbrennungen lassen Julia Boegershausen, Björn Bewerich und Felix Pankonin Autorinnen und Autoren zu Wort kommen, deren Bücher 1933 verbrannt wurden: Else Laskar-Schüler, Erich-Maria Remarque, Kurt Tucholsky, Joachim Ringelnatz, Berthold Brecht, Franz Werfel, Friedrich Hollaender, Gustav Meyrink, Kurt Bry, Irmgard Keun, Ilse Weber, Selma Meerbaum-Eisinger. Julia Boergershausen interpretiert die Texte eindrucksvoll, begleitet von Björn Bewerich am Klavier. Felix Pankonin kommentiert die Texte, ordnet sie in den historischen Hintergrund ein und stellt uns die Autorinnen und Autoren auf unterhaltsame und doch tiefgründige Weise vor. Musik von Gustav Holst und Victor Ullmann, erinnert zudem an die zwei Komponisten, deren Musik damals nicht mehr gespielt werden durfte.
Einer, der die Bücherverbrennung miterlebt und der mit angesehen hat, wie seine Bücher in die Flammen geworfen wurden, war Erich Kästner. Aus seiner Rede zum 25. Jahrestag der Bücherverbrennung werden mehrere Ausschnitte im O-Ton eingespielt. Der folgende ist mir besonders im Gedächtnis geblieben:
„Die Ereignisse von 1933-45 hätten spätestens 1928 bekämpft werden müssen. Später war es zu spät. Man darf nicht warten, bis der Freiheitskampf Landesverrat genannt wird, man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muss den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine, die hält keiner mehr auf. Sie ruht erst, wenn sie alles unter sich begraben hat. (…) Drohende Diktaturen lassen sich nur bekämpfen, ehe sie die Macht übernommen haben…“
Die Auswahl der Texte, die z.T. vor, während und nach der Zeit des Nationalsozialismus – viele im Exil, einzelne im Konzentrationslager – geschrieben wurden, sie macht deutlich, was die Autor*innen in dieser Zeit bewegt hat. Besonders eindrücklich für mich: wie präsent der 1. Weltkrieg noch war. Mir bekannte Texte – wie der Ausschnitt aus Erich-Maria Remarques Roman „Im Westen nichts Neues“ entfalten auf der Bühne und im Zusammenhang mit anderen Texten noch einmal eine große Kraft. Andere berühren die Themen Flucht und Exil oder machen sich über die Nationalsozialisten lustig, stellen sie in Frage, hoffen und beschreiben das Zerbrechen an der hoffnungslosen Realität. Sie zeigen die Unterschiedlichkeit der Persönlichkeiten, von denen sie stammen. Und die meisten machen mir Lust auf mehr, weil sie mir noch so viel zu sagen haben.
Am ganzen Körper erfasste mich auch der Besuch des Stückes „Das Grenzlandtheater – Eine Szenische Installation zur Machtergreifung 1933“. Hier setzt sich das Gerhart Hauptmann Theater in einer spartenübergreifenden Produktion mit dem Zittauer Theaterbau und der Frage auseinander, wie bedeutsam auch das Theater im Kontext nationalsozialistischer Propaganda war.
Nach dem Brand des alten Theaters im Jahre 1932 wurde der Theaterneubau kurz nach der Machtübernahme der Nazis geplant und 1936 als „Grenzlandtheater“ eröffnet. Damit entstand in Zittau eines von mehreren „Grenzlandtheatern“, die als „Bollwerk der deutschen Kultur an den Reichgrenzen“ eine besondere Bedeutung für die NS-Propaganda hatten.
Schon die im Foyer projizierten Fotos aus der Bauphase nehmen uns in die 30er Jahre mit. Dann führen uns die Architekten höchstpersönlich in die Baupläne ein. Wir lernen den damaligen Intendanten kennen, der aus seinem Vorwort für das Eröffnungsprogramm liest und dieses mit den Worten kommentiert: „Dieses überintellektuelle Herumexperimentieren auf unserer Bühne, das ist nun endlich vorbei.“ Im Orchestergraben werden wir unfreiwillig Zeugen, wie auf der Bühne über uns eine Schauspielerin zurechtgewiesen wird, ihre Rolle dem neuen Zeitgeist entsprechender zu spielen. Wir nehmen an einer Sitzung zur Erstellung des Spielplans teil („Keiner hat etwas gegen Juden, wir können nur keine engagieren!“). Und wohnen der Probe einer Arie aus Karl Maria von Webers Freischütz, dem Eröffnungsstück des neuen Grenzlandtheaters, bei. Die Szenen rund um das Theater lehnen sich an historisches Material und Informationen aus dem Buch „Das Grenzlandtheater in Zittau 1934 – 36“ von Jos Tomlow und Sabine Spitzner-Schmieder an. Sie wechseln sich ab mit fiktiven Szenen, die die Abgründe dessen, was nach der Machtergreifung kommen wird, erahnen lassen: Verfolgung, Krieg und Tod… Kann man das überhaupt spielen? Die Tänzerinnen und Tänzer der Tanz-Company tanzen es, deuten an und finden eine Körpersprache für das, wofür uns die Worte fehlen – und lassen damit viel Spielraum für eigene Interpretationen. Das Nachdenken über das Erlebte ist damit bei mir auch nach der Vorstellung nicht zu Ende.
Nachdenken muss ich auch über die „Kleinigkeiten“ am Rande, die vermeintlichen Alltäglichkeiten, die mich immer wieder am ganzen Körper erwischt haben: Der Hitlergruß am Anfang – so selbstverständlich, dass es mir fast selbst den Arm nach oben zieht. Und: Auf dem Weg durch das Theater werden wir von zwei Frauen herumkommandiert, die dem eiskalten Nazi-Klischee entsprechen. Die direkte Konfrontation mit diesem Frauenbild, dieser Härte und Emotionslosigkeit sind für mich schwer zu ertragen. Der Rundgang führt uns vom Keller bis unter das Dach – und gibt einen Einblick, wie technisch ausgefeilt der Bau geplant und mit welchen Raffinessen er ausgestattet ist. Die Inszenierung benutzt den speziellen Charakter der ungewöhnlichen Orte und entfremdet sie. So wird der Keller unter der Drehbühne zum Untergrund, durch den sich die Ausgestoßenen und Verfolgten quälen, der Dachboden verwandelt sich von der Baustelle zum Schlachtfeld und überall lauert versteckt oder offensichtlich – Mephisto.
Beide Veranstaltungen sind Teil des Projektes „Zittau’33 – ‚Machtergreifung‘ in der südlichen Oberlausitz“. Weitere Beiträge, Veranstaltungen und Ankündigungen gibt es auf
http://hillerschevilla.de/netzwerkstatt-blog/zittau33/
Trailer Grenzlandtheater: https://www.g-h-t.de/de/spielplan/das-grenzlandtheater/
AKn
Hallo ich heiße Norman Saß, ich lebe und arbeite im Pater Kolbe Hof in Schlegel. Zurzeit mache ich ein Praktikum in der Netzwerkstatt der Hillerschen Villa. So habe ich auch das Projekt „Anne Frank“ erlebt, von denen ich einmal berichten möchte:
Die Projekttage zu Anne Frank am 7. und 8. Juni mit Schülern der Johann-Amos-Comenius-Schule in Herrnhut haben mich sehr beindruckt, denn das Thema ist doch schwere Kost! Doch zu sehen wie interessiert die Schüler sich zu Anne und Ihrem Tagebuch ausgetauscht haben war schön. Und was ich auch noch stark fand, ist die Arbeit mit der Ausstellung zu Anne Frank im Kirchensaal Herrnhut, wo man die Schüler in kurzen und prägnanten Abschnitten informiert, zusätzlich gibt es ein wirklich gutes Arbeitsheft zur Ausstellung.
Ich fand ebenfalls gut, dass sich alle Schüler eingebracht haben, auch wenn es manchmal nur Anmerkungen zu den Themen waren. Es war spannend zu sehen, dass immer wieder Ausschnitte aus dem Tagebuch mit einbezogen wurden, was eine gewisse Tiefe mit reinbrachte!
Am zweiten Tag sind wir dann nach Großhennersdorf gefahren und haben uns im Kunstbauerkino den Film „Das Tagebuch der Anne Frank“ angesehen! Der wirklich gut gelungen war! Die Schüler haben sich äußerst gespannt und mit großem Interessen den Film angesehen!
Das Gespräch nach dem Film brachte viele spanende Eindrücke hervor, nicht nur das der gesamte Film stark nachwirkte, sondern auch Fragen hinterließ. Die Erklärungsansätze der Schüler fand ich auch super, man merkte schnell welche Eindrücke er bei Ihnen hinterlassen hat!
Alles in allen waren die zwei Tage auch für mich bereichernd, denn zu sehen wie alle Beteiligten mit einander umgingen war toll zu beobachten. Schön, dass Ich daran teilnehmen durfte!
Ihr/Eurer
Norman Saß
Gespannte Zuhören – so kann man die gestrige Atmosphäre im Kirchensaal Herrnhut am besten beschreiben. 9 Schüler und Schülerinnen der ev. Zinzendorfschulen präsentierten in einem Poetry-Slam ihre eigenen Texte. Unter der Überschrift „Meine Welt und Anne Frank“ luden wir zu zwei Veranstaltungen ein, über hundert Menschen folgten der Einladung – vielen Dank.
In einem zweitägigen Workshop im Mai lernten dabei die Jugendlichen erste Grundlagen im Poetry Slam kennen und nutzten die Zeit vor allem im erforschen und „zulassen“ ihrer eigenen Gedanken, welche sie zu Papier brachten. Ein Dank geht dabei an das Herrnhuter Tagungshaus „Komensky“, welches eine kostenlose Nutzung der Workshopräume ermöglichte und so auch für eine entsprechende kreative Stimmung sorgte. Die Bandbreite des Entstandenen war groß – Kurzgeschichten, Lyrik, Texte zu Songtexten, Briefe an Anne Frank und persönliche Botschaften gab es zuhören – mal allein, mal zu zweit vorgetragen.
Angeleitet und Begleitet wurden die Schüler und Schülerinnen durch Lisa Maria Kurzmann, die Zittauerin ist selbst Poetry-Slammerin. Sie gab den Jugendlichen die notwendige Unterstützung, aber auch den erforderlichen Freiraum, dass eigene Texte entstehen konnten. Die hohe Aufmerksamkeit der Zuhörenden und der anschließende große Applaus waren ein gutes Indiz für ihren Erfolg.
Organisiert wurde der Workshop Ulrike Keller, Marketing-Leiterin der Comenius-Buchhandlung in Zusammenarbeit mit der Netzwerkstatt der Hillerschen Villa. Noch ein Tipp – der Comenius-Buchhandlung-Herrnhut bietet ein thematisches „Anne Frank Schaufenster“, gern sind Sie eingeladen es zu entdecken.
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