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Zurück zu den Wurzeln

…so heißt es diese Tage für uns als Team der Netzwerkstatt. Denn unsere Projektbüros finden eine neue (alte) Heimat. Von der Büroetage im Kronenkino, wurden die Umzugskisten Richtung Klienebergerplatz 1 gefahren. Während die Beratungsstelle der Partnerschaften für Demokratie nun im Haupthaus der Hillerschen Villa zu finden ist, sind es die Büroraume der historisch-politischen Bildung im Kutschhaus, im Hinterhof unseres Vereinssitzes.

Vor knapp zwanzig Jahren begann hier die historische Arbeit der Hillerschen Villa. Die Beschäftigung mit der jüdischen Regionalgeschichte und der friedlichen Revolution in Zittau waren erste Hauptinhalte der damaligen Arbeit. In all den Jahren wuchs der Radius unserer Arbeit, und wir verstehen uns nun als verlässlicher Partner für Bildungseinrichtungen, Vereinen und Initiativen, sowie Einzelpersonen.

Seit Beginn dieses Jahres wurde unser langjähriges Engagement mit einer dreijährigen Förderung des Programms „Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz (WOS)“ honoriert. Eines unserer Ziele: der Aufbau einer regionalen Fachstelle für historisch-politische Bildung. Schon bald werden Sie mehr darüber erfahren – bis dahin müssen jedoch noch die ein oder andere Kiste ausgepackt, das jüdische Regionalarchiv eingerichtet und ein öffentlicher Rechercheplatz ausgestattet werden. Bis bald.

Willkommen im Kutschhaus…
… bald haben wir es geschafft (hoffentlich)

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Solidarität in der Krise: Elterngedanken zum Muttertag

Letzte Woche hatte ich meinen Corona-Blues. Es war der 2. Tag der Schul- und Kitaschließungen. Im Radio wurde gestritten, wer bei den Impfungen jetzt priorisiert werden soll. Als dann darüber gesprochen wurde, dass alle Geimpften wieder feiern, reisen und sonst was alles machen sollen, da war es bei mir vorbei…! „Die Rentner verreisen und wir dürfen unsere Kinder zu Hause beschulen und nebenher im Homeoffice arbeiten – irgendwie, irgendwann bis zur Erschöpfung.“

Um eines vorab klarzustellen: Ich finde die Coronamaßnahmen wichtig. Wir müssen auf jeden Fall vermeiden, dass Menschen durch das Virus sterben. Und es sind schon zu viele, die in den letzten Monaten ihr Leben lassen mussten.

Und ich finde Solidarität sehr wichtig, ich will auf jeden Fall meinen Beitrag dazu leisten, aber ich finde, dass die Lasten der Pandemie ziemlich ungerecht verteilt sind. Es gibt jene, für die sich bis auf den Verzicht auf Freunde treffen, Theater- und Restaurantbesuche überhaupt nichts ändert und jene, bei denen alles auf dem Kopf steht.

Unsere Kinder waren aufgrund der Schul- und Kitaschließungen in der Zeit von März 2020 bis heute 24 Wochen zu Hause. Während die Kinder in der Notbetreuung wahrscheinlich viel intensiver als normalerweise in Grundschule und Kita betreut werden, versuchen wir uns rudimentär im Homeschooling. In unserer Familie wird dies dadurch erschwert, dass ein kleines Geschwisterkind im Kitaalter gleichzeitig permanent bespaßt, bespielt und getröstet werden will. Unsere Tochter ist bei der Erledigung ihrer Aufgaben viel auf sich selber gestellt – an Homeschooling im eigentlichen Sinne also nicht zu denken. Wir Eltern versuchen uns die Betreuung anteilig zu unseren Arbeitsstunden aufzuteilen – der ganze Tag ist eng durchgetaktet – ein stetiger Wechsel zwischen Kinderbetreuung und Arbeit. Und es ist nicht nur das, sondern auch das Mehr an Hausarbeit will erledigt sein – es muss jeden Tag gekocht und die Wohnung muss eigentlich permanent aufräumt und geputzt werden, weil ja immer alle zu Hause sind.

Bild: Stefan Bayer / pixelio.de

Ja, es gibt zusätzliche Krankheitstage für Familien – aber bedeutet es nicht einfach eine Verschiebung der Arbeit auf die Zeit danach? Und viel wichtiger: Ich will arbeiten, ich brauche das als Ausgleich zu dem Wahnsinn zu Hause. Meine Arbeit ist in der Pandemie nicht weniger geworden. Ich fühle mich auch an dieser Stelle gerade mehr gebraucht denn je und das tut mir gut. Außerdem: ich will mich beteiligen und mitreden, auf meiner Arbeit und in der Gesellschaft, dort wo ich eine Meinung habe und gebraucht werde. Die Stimmen derer, die Familie haben, waren in unserer Gesellschaft gefühlt nie sehr laut, gerade aber sind sie wahrscheinlich kaum vorhanden. Weil wir keine Zeit und keine Kraft haben, uns hörbar zu machen. Und damit werden vielleicht entscheidende Weichen ohne uns gestellt – ohne uns Eltern und insbesondere ohne uns Mütter.

Auf der anderen Seite merke ich auch, wie meine Kinder mich / uns brauchen – mehr denn je – dass wir als Eltern ihnen gerade alles Mögliche ersetzen müssen. Ich brauche wohl nicht zu sagen, dass unsere Kinder den alltäglichen Kontakt zu anderen Kindern vermissen – auch wenn sie inzwischen weiterhin Kontakt zu einzelnen Freundinnen haben. Was passiert eigentlich mit der Gruppendynamik in Schule und Kita? Findet die Kita-Gruppe / die Klasse danach wieder zusammen, finden unsere Kinder dort wieder ihren Platz? Es tut mir weh, dass ich den Eindruck habe, dass unsere Kinder von Ihren Bezugspersonen in den Einrichtungen scheinbar vergessen werden: Der einzige Kontakt mit der Schule sind die wöchentlich zusendeten Aufgabenzettel und pro Lockdown ein Anruf der Klassenlehrerin – innerhalb von 9-10 Wochen. Auch aus der Kita kommt nicht viel mehr. Offenbar genügen sich die Einrichtungen mit der Notbetreuung – wie die anderen Kinder den Anschluss behalten, damit fühlen zumindest wir uns ziemlich allein gelassen.

Was macht mich dabei so wütend? Es ist das Gefühl, dass all das von kaum jemandem gesehen wird. Dass nicht gesehen wird, dass wir gerade täglich versuchen, Unmögliches möglich zu machen und dabei permanent an die eigenen Grenzen gehen. Dass nicht gesehen wird, dass unsere Kinder benachteiligt sind, was wir als Eltern nicht ausgleichen können. Ich vermisse eine Anerkennung dessen, was gerade jetzt, aber auch generell, in den Familien geleistet wird. Und auch die Wahrnehmung dessen, dass Familien durch die Kontakte in Schule und Kita (bei uns sind es Kontakte zu mind. 35 weiteren Familien) in einem hohen Maße dem Virus ausgesetzt sind, dass auch sie – krank werden, dass es auch hier – wenn auch seltener – zu schlimmen Fällen kommen kann. Schon allein, mit meiner Familie in Quarantäne zu sein, möchte ich mir gar nicht vorstellen. Ich vermisse diese Anerkennung gesellschaftlich (z.B. beim Thema Impfpriorisierung), aber auch im privaten Umfeld.

Der Verdacht, nicht gesehen zu werden, kommt mir z.B., wenn ich von verschiedenen Seiten höre, dass wir durch Corona so viel Zeit haben – Zeit, uns grundsätzlich Gedanken zu machen über unsere Gesellschaft und unser Leben. Oder dass wir doch eigentlich in unserer heutigen Zeit so viel Zeit wie nie haben müssten und nur selbst dafür verantwortlich sind, dass wir uns so stressen.

Klar, wie können wir auch voneinander wissen, wenn wir es uns nicht erzählen. Die persönlichen Erfahrungen in dieser Krise sind so verschieden und es gibt viel zu wenig Austausch darüber. Ich glaube, dass gerade sehr viele den Eindruck haben, viel zu geben und damit nicht gesehen zu werden. Was muss das erst mit jenen Menschen machen, deren wirtschaftliche Existenz bedroht ist, die Angst haben, alles zu verlieren, was sie sich über viele Jahre aufgebaut haben. Welche Wut durch die Ungerechtigkeit und das Allein-gelassen-Werden entsteht, verdeutlicht sich für mich in der Plakataktion der Gastwirt*innen. Zwar finde ich die Art und Weise des Protests unsolidarisch, unsachlich und nicht lösungsorientiert. Vor dem Hintergrund meiner eigenen Gefühle kann ich jedoch verstehen, dass sich die aufgestaute Wut und Hilflosigkeit ein Ventil suchen muss. Ich selbst habe gemerkt, dass auch ich ungerecht und polemisch werde. Auch wenn ich diese Zeilen schreibe, merke ich, dass es schwierig ist, die Ungerechtigkeiten zu thematisieren, ohne eine Neiddebatte anzuzetteln – ohne z.B. Jung gegen Alt auszuspielen.

Um zum Anfang zurück zu kommen: Natürlich ist es nachvollziehbar, dass geimpfte Menschen wieder mehr Freiheiten bekommen, denn sie stellen keine Gefahr mehr dar und es ist gut, wenn das Leben wieder lebendiger wird. Ich wünsche mir aber, dass jede und jeder schaut, wo der eigene solidarische Beitrag liegen kann. Mich ärgert es z.B. maßlos, wenn andere Menschen sich nicht an die Corona-Regeln halten und dadurch immer wieder neue Infektionen riskieren, Menschen in Gefahr bringen und die ganze Situation weiter verlängern. Ich kann nur noch mit Unverständnis reagieren, wenn ich höre, dass ca. 60% der Kinder derzeit die Kita-Notbetreuung nutzen. Brauchen wirklich alle Familien, denen eine Notbetreuung zusteht, diese in diesem Umfang? Ja, die Zahlen gehen runter, aber würden sie ohne die vielen Ausnahmen vielleicht noch viel schneller runter gehen? Und es sollten auch jene, die keine finanziellen Einbußen durch die Pandemie haben und vielleicht sogar Gewinne erwirtschaften, ihren solidarischen Beitrag leisten. Es wäre insgesamt schön, wenn sich jene, denen die Krise bisher weniger abverlangt hat und jene, die von unserer Solidarität in erster Linie profitiert haben, sich mit eigenen Überlegungen an einer solchen Diskussion beteiligten. Ich für mich wünsche mir selber Großzügigkeit, die Situation jetzt noch so lange und ohne Groll auszuhalten, wie das notwendig ist. Mir den Frust von der Seele zu schreiben, hat mir dabei schon mal geholfen.

AKn

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Geschichten der Befreiung

Auf dem Friedhof im polnischen Sieniawka steht ein Grabstein, dessen Inschrift auf Hebräisch Benjamin Zeev Schneider, seiner Frau Mirijam sowie ihren Töchtern Bluma, Rahel und Zeporah gedenkt. Es ist das einzige jüdische Grab auf diesem katholischen Friedhof. Benjamin Schneider starb am 22. Mai 1945 im Konzentrationslager Großrosen. Zusammen mit seinem Sohn Alexander musste er hier zuletzt für die Junkers Flugzeugwerke in Zittau Zwangsarbeit leisten. Am 8./9. Mai 1945 wurden Benjamin Zeev Schneider und sein Sohn von der Roten Armee befreit. Doch der Vater war von dem Martyrium der vorherigen Jahre schwer krank und geschwächt. Er starb nur zwei Wochen nach der Befreiung.

Vor seinem Tod hatte Benjamin Zeev Schneider seinen Sohn Alexander gebeten, ihn nach jüdischem Brauch zu begraben. Um ihm diesen letzten Wunsch zu erfüllen, begrub Alexander seinen Vater auf dem nah gelegenen Friedhof in Kleinschönau, markierte die Stelle und nahm sich vor, so bald wie möglich zurückzukehren.

Der Vater hatte seinem Sohn auch aufgetragen, die Familie zu suchen. Der damals nur 13-jährige Alexander Schneider machte sich also in dieser frühesten Nachkriegszeit auf den Weg in seinen Geburtsort Kosyno. Als Alexander 1932 als Sohn des Weinbauern Benjamin Zeev Schneider und dessen Frau Mirijam dort das Licht der Welt erblickte, war Kosyno ein Schtetl, d. h. eine Siedlung mit überwiegend jüdischer Bevölkerung. Er war das dritte von insgesamt sechs Kindern, hatte zwei ältere und drei jüngere Schwestern. Alexander erlebte hier eine schöne Kindheit, an die er sich gern erinnerte. Dieses Glück endete, als ungarischen Truppen im März 1938 den Teil der Tschechoslowakei annektierten, in dem auch Kosyno seit dem Ersten Weltkrieg lag.

Im Laufe des Zweiten Weltkriegs besetzte schließlich das Deutsche Reich weite Teile Osteuropas, 1944 Ungarn und damit auch Kosyno. Die in Ungarn lebenden Jüdinnen und Juden wurden von der deutschen Geheimen Staatspolizei in Gettos gesperrt, mit Zügen in Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert und dort millionenfach ermordet. Alexander wurde zusammen mit seinem Vater, der Mutter, fünf Schwestern und weiteren Verwandten nach Auschwitz deportiert.

In Auschwitz wurden die Männer und Frauen der Familie getrennt. Vater und Sohn werden in das Zwangsarbeiterlager Plaszow deportiert. Weltweite Bekanntheit erlangte diese Lager durch Steven Spielbergs Spielfilm Schindlers Liste. In dem Film werden auch die grausamen Verbrechen des Lagerkommandanten Amon Göth gezeigt, die Alexander Schneider selbst erlebt hat. 1995 berichtet er in einem Interview unter anderem von dieser höchst traumatischen Erfahrung. Dabei wird auch deutlich, dass ihn diese Ereignisse bis ins hohe Alter verfolgt haben. Noch Jahrzehnte später zuckte er jedes Mal zusammen, wenn etwa auf Flughäfen oder Bahnhöfen Durchsagen ertönten, weil diese ihn an die Lautsprecherdurchsagen im Konzentrationslager erinnerten.

Ab September 1944 wurde das Konzentrationslager Plaszow aufgelöst. Ein Teil der hier internierten Jüdinnen und Juden wurden nach Auschwitz deportiert und dort umgebracht. Andere, unter ihnen Alexander und sein Vater, werden im Oktober ins Konzentrationslager Kleinschönau/Großrosen deportiert. Hier wurden sie unter anderem als Zwangsarbeiter den Junker Flugzeug- und Motorenwerken zugeteilt, die damals einen Teil ihrer Produktion in die Gebäude der “Gebrüder Moras AG” bei Zittau verlegt hatten.

Am 8. März 1945 erlebt Alexander Schneider als Häftling in diesem Konzentrationslager, das rechts des Neißeufers zwischen Görlitz und Zittau lag, seinen dreizehnten Geburtstag. Jüdische Jungen feiern zu diesem Anlass ihre Bar-Mizwa. Bar-Mizwa heißt „Sohn des Gesetzes“ und mit der Zeremonie werden die Jungen innerhalb der jüdischen Gemeinde zu Erwachsenen erklärt. Obwohl die Familie nach Alexander Schneiders Auskunft nicht besonders religiös gewesen ist, versuchen Vater und Sohn diese Tradition auch unter diesen widrigsten Bedingungen zu pflegen. In dem Interview, das er 1995 gegeben hat, erinnerte Alexander sich, dass der Vater ihm einen Ring schenkte, den dieser heimlich aus ein paar Stücken Aluminium gemacht hat. Er erinnert sich auch an seinen Bar-Mizwa-Spruch, den er damals für die Zeremonie auswendig gelernt hat und kann ihn noch immer aufsagen.

Vom 7. auf den 8. Mai erobert die Rote Armee Görlitz. Am 9. Mai rücken die sowjetischen Truppen auf Zittau vor und befreien auch das Konzentrationslager Großrosen. Benjamin Zeev Schneider hatte diese Rettung schon erhofft, habe in den Tagen zuvor immer wieder davon gesprochen. Doch er ist schwer krank und überlebt den Tag der Befreiung nur um zwei Wochen. Benjamin Zeev Schneider stirbt am 22. Mai 1945.

Nachdem Alexander Schneider seinen Vater beerdigt hat, macht er sich auf den Weg nach Kosyno, das nun in der Ukraine liegt. Er weiß damals noch nicht, dass seine Mutter und drei seiner fünf Schwestern in Auschwitz vergast worden sind. Als er im Haus seiner Eltern ankommt, in dem er seine früheste Kindheit erlebte, wohnen dort nun russische Familien. Er kann dort nicht bleiben. So schlägt er sich weiter durch bis Bukarest, wo er tatsächlich seine beiden älteren Schwestern findet, die die Schoah, das ist das hebräische Wort für den Holocaust, überlebt haben. Zusammen emigrieren sie 1947 über Deutschland ins Mandatsgebiet Palästina, wo ein Jahr später der Staat Israel gegründet wird.

In den 1970er-Jahren reist Alexander Schneider ein erstes Mal zurück nach Deutschland, in die Deutsche Demokratische Republik, um das Grab seines Vaters zu suchen, das in der Nähe von Zittau liegen muss. Er scheitert, weil Kleinschönau, das nun Sieniawka heißt, durch die Neuregelung des Grenzverlaufs im Nachgang des Zweiten Weltkrieges auf dem Territorium der Volksrepublik Polen liegt, für die er kein Visum hat. Erst bei einem zweiten Anlauf kann er das Grab seines Vaters besuchen. 1980, als er zum vierten Mal nach Sieniawka reist, lässt er auf dem Grab eine Mazewa, wie der Grabstein auf Hebräisch genannt wird, setzen. Jener Stein, der noch heute dort steht und an seinen Vater, Benjamin Zeev, seine Mutter Mirijam, seine drei Schwestern, Bluma, Rahel und Zeporah erinnert.

Im Judentum sind Grabstellen für die Ewigkeit. Der Friedhof wird auch Beit Olam genannt und das heißt „Haus der Ewigkeit“. Der jüdischen Religion ist ein Messianismus eigen, der davon ausgeht, dass die Toten nach der Ankunft des Messias wieder auferstehen. Bei der Hillerschen Villa beschäftigen wir uns aktuell im Projekt MAZEWA mit Orten und Traditionen jüdischen Lebens und Sterbens im Dreiländereck. Friedhöfe und Grabstätten sind wichtige Orte der Alltagskultur, die viel über das (Zusammen-)Leben von Menschen in einer Region erzählen können.

Das Grab von Benjamin Zeev Schneider ist ein bewegendes Zeugnis dafür, wie wichtig ein Begräbnis nach jüdischer Tradition selbst unter allen Umständen war. Es hat seinen Platz auf dem katholischen Friedhof in Sieniawka und mahnt uns, niemals zu vergessen! Als sein Sohn Alexander im Interview gefragt wurde, was er uns und kommenden Generationen mitgeben will, sagte er genau dies: „Never forget!“

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Hass im Netz: Beratungsangebote

Die Netzwerkstatt beschäftigt sich immer wieder mit den Themen Hassrede, Hass im Netz, oder Diskriminierung und die Onlineformen dieser. Aktuell schlägt sich das in dem Workshopangebot (Titel: Hate Speech: ausschalten oder aushalten?) Anfang Mai nieder. Hierbei ist die Netzwerkstatt überhaupt nicht allein, die Angebote, Weiterbildungen, Themenabende oder Fortbildungen gibt es überall. Als sehr wichtige Perspektiven zählen hier die Aufklärung und die Sensibilisierung zu diesen Themen. Jedoch sind gleichzeitig täglich viele Menschen ganz aktiv von Ausgrenzung, Hassrede oder Shitstorms betroffen.

In der Themenarbeit sind uns ein paar (neuere) Angebote aufgefallen, die wir hier gerne kurz vorstellen und teilen möchten.

Zuerst fangen wir an mit einer neuen Plattform für digitale Gewalt: HateAid hilft Menschen, die online Hass und Hetze erleben mit einem kostenfreien Beratungsangebot und Prozesskostenfinanzierung. Alle Infos und zum Beratungsangebot geht es hier: https://hateaid.org/

Die zweite spannende Neuerung ist ein erster digitaler Antidiskriminierungsbot. Ein Bot ist Programm, das automatisch auf bestimmte Eingaben reagieren kann, in diesem Falle fragt dieser speziell nach Diskriminierungserfahrungen. Das kann ein erster Schritt sein, falls eine Person noch unsicher ist, ob und wie sie Beratungs- oder Hilfsangebote annehmen möchte bzw. kann. Bisher gibt es das Angebot in Deutsch und „nur“ in Form einer Webseite, Weiterentwicklungen sind wohl im Gange: https://meta-bot.de/

Ganz lokal stehen weiterhin Beratungsangebote für Betroffene auch in Görlitz und dem Landkreis Görlitz zur Verfügung. Die RAA sammelt zum einen Vorfälle und berät anonym, kostenfrei, unabhängig und vetraulich. Hier geht’s zu den Infos und den Kontaktdaten: https://www.raa-sachsen.de/support/beratung

Auch die sächsische Polizei hat ein Angebot zur direkten Anzeigenerstattung bei Online-Hasskommentaren sowie eine Angebotsübersicht zu Hass im Netz auf ihrer Internetpräsenz: https://www.polizei.sachsen.de/de/77471.htm

Und als abschließenden Hinweis soll hier auch auf die aktuelle Studie zu Diskriminierungserfahrungen in Sachsen hingewiesen werden. Seit Anfang März 2021 wird eine Online-Umfrage erhoben, die Anfeindungs- und Ausgrenzungserfahrungen erfassen möchte. www.diskriminierung-sachsen.de

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Einladung zum Workshop: „Hate Speech: Ausschalten oder aushalten? Strategien für das Community Management in Sozialen Medien“

WORKSHOP am 07. Mai 2021, 09:30 – 13:30 Uhr

In Sozialen Netzwerken treten Organisationen und Vereine mit den Menschen in direkten Kontakt, die sie mit Ihrer Arbeit erreichen und zum Engagement ermutigen möchten. Doch gerade diejenigen, die auch Online für Demokratie und Menschenrechte einstehen, werden aktuell verstärkt von rechtsextremen Gruppen und Accounts angefeindet. Aber auch schon scheinbar einfache Mitteilungen können zu unvorhergesehenen Reaktionen führen. Community Management ist ein Instrument, um in digitalen Medien starke Gemeinschaften zu bilden, die Angriffe auf sie selbst und demokratische Werte selbstbewusst abwehren.

In unserem digitalen Workshop wollen wir ergründen:

° Wie kann im Sozialen Medien ein Dialog auf Augenhöhe mit den Nutzer*innen gelingen?

° Was ist Community Management und welche Instrumente stehen uns zur Verfügung?

° Was ist Hate Speech?

° Woher kommt der Hass und warum trifft er uns?

° Was können wir tun, um Betroffene von Hassrede zu schützen?

Der Workshop richtet sich an Menschen, die Social Media-Accounts für ihre Organisation betreuen oder das in Zukunft tun wollen.

Die Teilnahme ist kostenfrei.

Weitere Infos und Anmeldung bis zum 26.04.2021 unter: info@neisse-pfd.de

Die Referent*innen:

Oliver Saal ist Historiker und arbeitet seit 2017 für die Amadeu Antonio Stiftung – zuerst als Social Media Redakteur und inzwischen als Referent für digitale Themen. In Workshops hilft er Engagierten, rechtsextreme Kommunikationsstrategien besser zu durchschauen und sich Online gegen Menschenfeindlichkeit zur Wehr zu setzen.

Teresa Sündermann hat Politik-, Sozial- und Kulturwissenschaften studiert und arbeitet seit 2013 im Bereich der politischen Bildung, besonders zu den Themen Diskriminierung und Rechtsextremismus. In der Amadeu Antonio Stiftung arbeitet sie seit 2016, zunächst in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, dann als Bildungsreferentin im Bereich Antidiskriminierung und Medienpädagogik. Insbesondere schult sie NGOs, Initiativen und Vereine zu Handlungsstrategien gegen Menschenfeindlichkeit Online.

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Wir denken an Bertha Hiller

Am kommenden Freitag möchten wir an Bertha Hiller (26.3.1869 bis 16.9.1942) erinnern.

Gemeinsam mit Ihrem Mann Gustav Hiller, dem Gründer der Zittauer Phänomen-Werke (später Robur) lebte sie am Klienebergerplatz 1 – unserem heutigen Sitz unseres soziokulturellen Zentrums Hillersche Villa.

Im Nachlass der Eheleute Hiller befindet sich eine „Charakterdeutung“ der beiden. Über Bertha Hiller steht da u.a.: „Viel Herzensgüte, dabei klarer Verstand. Praktischer Sinn. Sinn für Humor…Liebt in allen Dingen Klarheit, ist eine große Feindin der Lüge und Verstellung, sogar jede Überspanntheit und Überschwänglichkeit. Sehr intelligent. Heftiger und tiefer Gefühle fähig“. Ihrer Enkeltochter Anne Frommann war sie vor allem als strenge, aber liebevolle Großmutter in Erinnerung. Welche ihre letzten Lebensjahre unter Hausarrest verbringen musste. Sie wurde aufgrund Ihrer jüdischen Familienwurzeln von den Nationalsozialisten als „Volljüdin“ deklariert. Als sie im September 1942 verstarb gab es unter den evangelischen Pfarrern in Zittau keinen, der ein kirchliches Begräbnis ermöglichen konnte (oder wollte).

Seit 2018 erinnert ein Stolperstein an ihrem ehemaligen Wohnhaus an sie. Auch wir möchten an Bertha Hiller erinnern – mit Bildern und Textpassagen an der Fassade der Hillerschen Villa (Eingangsportal und ihrem liebsten Ort dem Wintergarten)

Freitag, 26.3. zwischen 19 und 22Uhr (Klienebergerplatz 1)

Weitere Informationen über Bertha Hiller erhalten Sie unter: https://www.hillerschevilla.de/cms/de/121/Stolpersteine/?2839/Bertha_Hiller#2839

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Einladung: „Im Leerlauf – Kinder und Jugendliche im Corona-Alltag“

Nach und nach kehren Schülerinnen und Schüler nach dem Lockdown in die Schule zurück. Sie werden alle Hände voll zu tun haben, den Stoff aufzuholen, auf die unterschiedlichen Lernniveaus einzugehen und den sozialen Zusammenhalt der Klassen wieder aufzubauen. Für eine gemeinsame Reflexion darüber, was der Lockdown mit Ihren Schülerinnen und Schülern, aber auch mit Ihnen als Lehrer oder Lehrerin gemacht hat, wird Ihnen im Schulalltag kaum Zeit bleiben.

Am 10. März 2021, 19.00-21.00 Uhr, möchten wir deshalb unter dem Titel „Im Leerlauf – Kinder und Jugendliche im Corona-Alltag“ einen schulübergreifenden Austausch zu diesem Fragen organisieren.

Weitere Informationen zur Veranstaltung finden Sie im Anhang oder unter https://zittau.neisse-pfd.de/aktuelles-pfd-zittau/10-maerz-2021.html und https://www.facebook.com/events/448842996355063/

Organisiert wird die Veranstaltung von der AG Dialog der Partnerschaft für Demokratie der Stadt Zittau. Weitere Informationen über uns finden Sie unter: https://zittau.neisse-pfd.de/veranstaltungen.html

Bitte wirken Sie mit:

Unter dem Link https://padlet.com/AG_Dialog/leerlauf sammeln wir Eindrücke von Schülerinnen und Schülern, Lehrpersonal und Eltern, wie sie den Lockdown erlebt haben und welche Probleme und Fragen er aufgeworfen hat.

  • Bitte informieren Sie Ihre Schülerinnen und Schüler in den nächsten Tagen über unsere Veranstaltung und laden Sie diese herzlich dazu ein. Unter: https://www.facebook.com/watch/?v=548739219433442 finden Sie ein Video, in welchem wir kurz darstellen, warum wir die Veranstaltung organisieren. Wenn Sie möchten, können Sie das Video gern nutzen, wenn Sie über die Veranstaltung sprechen.
  • Bitte motivieren Sie Ihre Schüler*innen zu kurzen Statements unter dem Link https://padlet.com/AG_Dialog/leerlauf, die in 1-2 Sätzen beschreiben, wie sie den Lockdown erleben. Vielleicht können Sie sich in den nächsten Tagen am Anfang einer Unterrichtsstunde oder Videokonferenz einmal kurz gemeinsam dafür Zeit nehmen.
  • Schreiben Sie uns bei dieser Gelegenheit auch selbst unter https://padlet.com/AG_Dialog/leerlauf ein kurzes Statement, wie Sie als Lehrer*in die Situation wahrnehmen.
  • Besonders freuen wir uns, wenn Sie selbst an der Veranstaltung teilnehmen.
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(M)ein Platz – Gespräche über Flucht und Vertreibung, den Verlust von Heimat und über die Suche nach persönlichem Glück

„Von Null anfangen… Niemand weiß, wer ich bin und was ich kann.“

Wie fühlt es sich an, in einem Land aufzuwachsen, und dieses dann eines Tages verlassen zu müssen, wenn plötzlich alles kaputt geht? Wie kann dann so ein Leben nach der Flucht in Zittau aussehen?

„Und wir haben gedacht, naja, versuchen wir in Deutschland… das ist die letzte Chance. Deutschland.“

Nicht jeden Tag hat man die Möglichkeit, sich mit Flüchtlingen zu unterhalten und zu erfahren und vor allem zu spüren, was sie alles durchgemacht haben. Das Projekt (M)ein Platz – Gespräche über Flucht und Vertreibung, den Verlust von Heimat und über die Suche nach persönlichem Glück, ein Audio-Feature von Christian Fischer, macht es aber möglich. In diesem bewegenden Beitrag bekommen wir wahre Einblicke in die Lebens- und Gedankenwelt ausländisch-stämmiger Menschen in Zittau. Es ist spannend, sie so „nah“ zu erleben, ihre Stimmen zu hören und ihren sehr persönlichen Geschichten zuzuhören. In den Einzelinterviews, die ihre Wege portraitieren, erfahren wir, wer sie sind, woher sie kommen und was sie jetzt hier machen. Sie sprechen darüber, wie das Leben in Zittau ist, und sie teilen mit uns ihre Zukunftspläne und wie sie leben möchten mit. Sie beantworten auch die große Frage nach dem GLÜCK und was es für sie bedeutet.

Hören Sie sich die Gespräche HIER an: https://www.radio-zett.de/player/sendungen/chris/audiotest.php

In Form einer Audiocollage ist aus gesprochenem Wort, Audioschnitt, -bearbeitung und musikalischen Einspielungen ein Gesamtwerk entstanden, das dem Hörer neue Perspektiven und Begegnungen mit einer allgegenwärtigen Thematik, die im aktuellen medialen Fokus von anderen Inhalten weitgehend überlagert scheint, näherbringt. Die Produktion entstand in Zusammenarbeit mit dem Zittauer Radioprojekt „Radio Zett“.

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Aufruf: Erinnerungsstücke zum ehemaligen Lager Stalag VIII A in Zgorzelec gesucht!

Der Verein Meetingpoint Music Messiaen beschäftigt sich seit 2006 mit der Erinnerung an das deutsche Kriegsgefangenenlager Stalag VIII A und dem dort inhaftierten Komponisten Olivier Messiaen.

Aktuell ist der Verein auf der Suche nach bisher unbekanntem historischem Material und veröffentlichte dazu folgenden Aufruf:

Ankündigung der Sammlung von Erinnerungsstücken der Gefangenen des ehemaligen Lagers – Stalag VIII A

Die Stiftung Erinnerung, Bildung, Kultur und der Verein Meetingpoint Music Messiaen e.V. kündigen im Rahmen des INTERREG-Projekts Polen – Sachsen 2014-2020 unter dem Titel „Lernen und Verstehen. Zukunft durch Erinnerung. Weiterentwicklung von Bildungsnetzwerken sowie Bürgergesellschaft im sächsisch-polnischen Grenzraum“ eine landesweite Sammlung von Erinnerungsstücken der Gefangenen des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers Stalag VIII A an.

Gesucht werden u. a. Originale oder Kopien von Fotos, Dokumenten, Briefen, Kleidungsstücken, Alltagsgegenständen und anderen Gegenständen von historischem Wert.

Deshalb bitten wir die Geschichtsinteressierte, die Angehörigen ehemaliger Kriegsgefangener sowie die Bewohner von Zgorzelec und Görlitz um Hilfe bei der Suche und Beschaffung von Materialien, die mit der Vergangenheit dieses Ortes in Verbindung stehen.

Alle Objekte werden ordnungsgemäß vor den Einwirkungen der Zeit geschützt und dienen musealen und pädagogischen Zwecken. Fotografien werden laufend auf der Website der Einrichtung zur Verfügung gestellt (www.fpek.pl). Die wertvollsten Dokumente und Artefakte hingegen werden in der Hauptausstellung und den von der Stiftung organisierten Wechselausstellungen zu sehen sein.

Der Zweck der Sammlung besteht darin, Erinnerungsstücke, die mit dem Zweiten Weltkrieg und der Geschichte des ehemaligen Lagers in Verbindung stehen, zu retten und zu bewahren und sie in den Archiven der Einrichtung zu sammeln und zu katalogisieren, und zwar zum Nutzen für Forscher der Vergangenheit und zukünftige Ausstellungen.

Die Sammlung dauert bis Ende März 2021.

Für genaue Informationen darüber, wie und in welcher Form die Erinnerungsstücke zu übergeben sind, kontaktieren Sie uns bitte zwischen 9:00 und 15:00 Uhr telefonisch unter +49 (0)3581 661269 sowie +48 75 640 86 12 oder per E-Mail an media@themusicpoint.net sowie biuro@fpek.pl.

Foto von Jakub Purej

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Die Zittauer Stolpersteinpat*innen stellen sich vor

Seit 2018 engagieren sich die Zittauer Stolpersteinpat*innen für eine lebendige Erinnerungskultur. Gemeinsam mit der NETZWERKSTATT der Hillerschen Villa gestalten sie Gedenkveranstaltungen, besuchen Bildungs- und Gedenkorte und informieren ihre Mitmenschen über die Auswirkungen des Holocaust auf die verfolgten Zittauer*innen.

Die Stolpersteinpat*innen auf dem jüdischen Friedhof in Zittau

Mit den folgenden Videos stellen sich die Pat*innen einer breiteren Öffentlichkeit vor. Sie sprechen aus ihrer persönlichen Sicht darüber, wieso es wichtig ist, sich für die Erinnerung an im NS verfolgte Menschen zu engagieren. Wir hoffen, dass der Austausch zu diesem Thema so auch in Zeiten ohne öffentliche Gedenkveranstaltungen lebendig bleibt.

Annett Scheibe für Bertha Hiller
Conny Adler für Erna, John und Dorothea Duneck
Patricia Steege für Erna, Bruno, Jan und Otto Gessler
Regina Wiechert für Elsa Gückel
Tuomo Neumann für Paula und Hermann Keil
Anne und Peter Knüvener für Josef Freund

Stolpersteine sind das größte, dezentrale Mahnmal für Opfer des Holocaust in Europa. Die Steine aus Beton und einer Messingoberfläche erinnern an einzelne Personen, die während der NS-Zeit verfolgt, deportiert, vertrieben, ermordet oder in den Suizid getrieben wurden. Sie werden bündig in den Bürgersteig vor die Häuser eingelassen, an denen die Menschen zuletzt freiwillig lebten. Die Verlegungen werden ausschließlich aus Spenden finanziert. Jede Verlegung wird vom Künstler Gunter Demnig persönlich ausgeführt.

Wenn Sie auch eine Patenschaft übernehmen oder für die Verlegung weiterer Stolpersteine spenden wollen, melden Sie sich gern unter netzwerkstatt@hillerschevilla.de.

AKL

Da ist ein Mensch. 4 Gedanken zum Advent!

Nun ist sie da, die schöne Adventszeit. Die Aufregungen dieses besonderen Jahres und das verschobene Zeitgefühl durch Einschränkungen, Vorsicht und Obacht ließen uns oftmals wohl schmunzeln, ob den die Zeit wirklich vergehen wird? Und nun ist sie da, die schöne Adventszeit. Mit 4 kleinen Musikfilmen möchten wir 4 besondere Persönlichkeiten in den Fokus dieser besinnlichen Zeit stellen und zugleich unsere Inhalte des alten Jahres noch einmal besehen. Oft haben wir ein Licht für diese 4 Menschen aus der gesellschaftlichen und künstlerischen Szene des 20. Jahrhunderts angezündet und ihrem Lebenswerk gedacht, welches uns heute einlädt, aus der Vergangenheit heraus den Blick ins Heute zu richten. Freuen Sie sich mit uns auf musikalische, literarische, gesellschaftliche und soziale Gedanken, sowie auf Herzensmomente mit Erich Kästner, Curt Bry, Claire Waldoff und Rose Ausländer. Jeden Samstag auf dem Netzwerkstatt-Blog

Teil 1 (28.11.):  Erich Kästner – Modernes Märchen

Teil 2 (5.12.): Curty Bry – Die Welt ist klein geworden

Die Welt ist klein geworden – Curt Bry

1934. Für viele Menschen klang dieses Lied damals wohl wie eine ferne Utopie aus einer weit vor uns liegenden Zukunft.  Rasant, komplex und ungebremst rast sie auf uns zu und uns voraus: die technische Entwicklung. Menschliche Bedürfnisse scheinen sich auf virtuelle (Tele)Kommunikation, Superlative „höher, schneller, weiter“ und die unüberschaubare Vernetzung über die ganze Welt zu konzentrieren. Eine Beobachtung von 1934 und weder damals noch heute eine ferne Utopie: „Wir haben das Licht elektrisch gemacht, und können uns trotzdem nicht sehen…“ 

Ein imposantes Chanson über Hoffnungen und Abgründe, Lüste und Früste, und zum Schluss die ultimative Handlungsempfehlung…

Curt Bry war einer der führendsten Kabarettautoren im Berlin der frühen 30er Jahre. Nach seiner erzwungenen Emigration nach Amerika hat er nie wieder Musik geschrieben. Völlig zu Unrecht ist Curt Bry in weltweite Vergessenheit geraten. Lasst uns an ihn denken…

Teil 3 (12.12.): Claire Waldoff – Das ist unser Milljöh!

Mein liebes Schmackeduzchen, du kleine Asphaltpflanze. Schnauze vorneweg und das Herz am Fleck, so erscheint uns die eigentlich aus dem Ruhrgebiet stammende Original Berliner Schnauze Claire Waldoff, der Kabarettstar mit kesser Zunge und kratziger Stimme schlechthin. Aber nicht die scheenen Beene oder die schlanke Linie waren ihr Markenzeichen: der triumphale Erfolg der Göre mit rotem Bubikopf, die gerne in Herrenkleidern auftrat, ist ihrer Frechheit, Emanzipation, Direktheit und Freundschaft zu verdanken. Kratzbürste, sozialer Mensch, liebevolles Herz, Frau einer Frau…eine musikalische Begegnung mit den Menschen, die auf Grund ihrer politischen, gesellschaftlichen oder persönlichen Einstellung gegen die menschenverachtenden Regime des beginnenden 20. Jahrhunderts für ihr Leben und ihre Kunst kämpfen mussten: Tucholsky, Holländer, Bry, W.+W. Kollo, Zille und natürlich Claire Waldoff, in „unserem“ Milljöh.

Gesang: Julia Boegershausen Piano: Björn Bewerich Uraufführung am 24.10.2020

Teil 4 (19.12.): Rose Ausländer: „Vergesset nicht, Freunde, wir reisen gemeinsam, es ist unsere gemeinsame Welt…“
 
Der 4.Advent, der letzte Sonntag vor dem Weihnachtsfest und damit auch der Abschluss unserer kleinen Film-Reihe ist unserem Friedensgedanken gewidmet. Rose Ausländer schrieb einst dieses Gedicht, in welchem sie uns einlädt, unsere Welt als eins zu verstehen und zu leben, mit all ihren Freuden und ja, auch all ihren Gefahren. Lasst uns unseren Blick weiten, und diejenigen dabei in den Fokus nehmen, die ihn wirklich brauchen. Frohe Weihnachten!
Mit diesem kleinen Lied danken wir Ihnen und Euch von ganzem Herzen für die liebe Unterstützung, für das Interesse, die mutigen Veranstaltungen in diesem Jahr  und vor allem für den Glauben an ein Morgen, der ganz bald kommen wird. - Julia Boegershausen und Björn Bewerich

https://youtu.be/nWK-vDJJFHQ
Wir bedanken uns recht herzlich bei Julia Boegershausen und Björn Bewerich für die wunderbare künstlerische Umsetzung. - Das Team der Netzwerkstatt

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Was ist eigentlich Chanukka?

Heute Abend beginnt der erste Tag des achttägigen jüdischen Chanukka-Festes. Obwohl aus religiöser Sicht kein hoher Feiertag, ist Chanukka heute in der westlichen Welt das wohl bekannteste jüdische Fest, nicht zuletzt wegen seiner zeitlichen Nähe zu Weihnachten. Die häufige Vermischung oder gar Gleichsetzung der beiden Feste wird manchmal mit den scherzhaften Kofferworten „Weihnukka“ oder „Chrismukka“ (im Englischen) kommentiert.

Gemeinsam haben die beiden Feste allerdings lediglich, dass das Anzünden von Kerzen und das familiäre Zusammensein eine große Rolle spielen. Über die wichtigsten Bedeutungsebenen von Chanukka durfte ich in den letzten zwei Wochen dank eines wunderbaren Online-Formats der Initiative Base Berlin einiges lernen. Neben den historischen und traditionellen Erzählungen sprachen wir mit zwei jungen Studierenden in Jerusalem darüber, wieso ein Chanukka-Leuchter meistens im Fenster steht und warum man an Chanukka so viele Pfannkuchen (oder sufganiya) und Kartoffelpuffer (latke) isst.

Wenn Sie auch mehr über die Rituale und die Bedeutung von Chanukka wissen möchten, schauen Sie doch in den kommenden 8 Tagen immer mal auf der Internetseite des Jüdischen Museums Berlin rein. Hier gibt es unter anderem ein Erklär-Video zum richtigen Kerzenanzünden, eine Spielanleitung zum Dreidelspiel und passende Lieder zum Fest. Außerdem wird am Samstag, den 12.12. Konzert mit jüdischen Musiker:innen übertragen, hier der Link zum Livestream: Chanukka im JMB | Jüdisches Museum Berlin (jmberlin.de)

AKL

Titelbild: Hintergrund Foto erstellt von freepik – de.freepik.com

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Digitalisierung des Archivs

Ich bin nun schon seit fast drei Monaten als FSJlerin in der Hillerschen Villa und das Coronavirus und der Lockdown machen sich nun endgültig auch hier bemerkbar. Alle Veranstaltungen die für diesen Monat geplant waren, mussten leider abgesagt werden. Meine jetzige Aufgabe ist es mich um die Digitalisierung unseres Archivs, mit allen bisher von uns zusammengetragenen Dokumenten über die jüdischen Familien aus Zittau, zu kümmern. Das heißt: ich scanne die Dokumente und trage sie dann in eine Excel-Tabelle ein. Das sind neben Fotos auch Briefe, Zeitungsartikel und -annoncen und vieles mehr. Unser Archiv soll dafür sorgen, dass die Geschichte der jüdischen ZittauerInnen nicht in Vergessenheit gerät, sondern weiterlebt und Menschen weiterbilden kann. Sowohl über ihre Vergangenheit, als auch die Vergangenheit ihrer Familie, Freunde, Partner*innen und Mitmenschen. Die Datenbank hilft uns dabei, die Dokumente immer geordnet und verschlagwortet zu haben. Durch die digitale Suchfunktion haben wir sie sofort griffbereit. Sie erleichtert uns also nicht nur die Arbeit, sondern dient auch als Suchmittel für Personen die zu uns kommen um zu einer Person oder Thema zu recherchieren.

Auch wenn ich noch nicht so lange in Zittau wohne, ist es trotzdem interessant Zeitungsannoncen und Briefe von vor hundert Jahren zu lesen und zu sehen wie sich die Familiengeschichten langsam aufbauen und vertiefen. Gerade das Schulzeugnis von Hans Gessler fand ich sehr spannend. Die Schulfächer sind im Gegensatz zu heute sehr unterschiedlich. Er war damals auf dem Christian-Weise-Gymnasium, welches damals eine höhere Handelsschule war. Dort lernte man noch Wirtschaftsgeschichte, Wirtschaftsgeographie, Handelskunde und -recht und vieles mehr. Außerdem wurden Beurteilungen zum körperlichen, geistigen und charakterlichen Streben für jeden Schüler geschrieben.

Zeugnis von Hans Gessler

Auch wenn sich in meinem Freiwilligen Sozialen Jahr durch Corona einiges verändert hat, bin ich nicht böse darüber, da sich dadurch andere Möglichkeiten zum Weiterbilden und Lernen ergaben und hoffentlich ergeben werden.

Anna H.

Meine erste Seminarwoche

Trotz der unüblichen Bedingungen konnte meine erste Seminarwoche von der Sächsischen Jugendstiftung vom 26.10. zum 30.10. stattfinden, wenn auch etwas anders als geplant. Eigentlich sollten wir nach Liebethal in die Nähe von Pirna zu einer Jugendherberge fahren und die Woche dort verbringen, doch ein paar Tage vorher wurde die Entscheidung getroffen, dass wir auf Grund der kritischen Situation die Woche online miteinander verbringen müssen.

Montag ging es dann um 10 Uhr auch schon los. Am Anfang war es ein bisschen befremdlich die anderen FSJ-lerInnen nur über Video sehen zu können, aber man gewöhnte sich schnell daran, auch wenn es ab und zu Probleme mit dem Internet gab. Los ging es mit kleinen Kennlernspielen, die trotz allem gut funktioniert haben und auch Spaß machten. Danach tauschten wir unsere Wünsche und Vorstellungen für das Seminar und das Freiwillige Soziale Jahr aus und schließlich kamen wir zu den Einsatzstellenvorstellungen. Jeder hatte ungefähr 15 Minuten Zeit. Es war sehr interessant zu hören was die Anderen in ihren Einsatzstellen für Aufgaben haben. 16 Uhr war der erste Seminartag dann auch geschafft. Da wir viele kurze Pausen und eine lange Mittagspause hatten, war der Tag sehr angenehm und nicht so anstrengend, wie ich es mir vorgestellt hatte.

Der nächste Tag begann mit einem kurzen Austausch, wie es uns geht. Danach ging es mit der Einsatzstellenvorstellung weiter. Mittwoch führten wir am Vormittag eine „Stand-up for your rights-Methode“ durch. Dafür wurden uns verschiedene Aussagen zu unterschiedlichen Themen angesagt und wir durften durch stehen, sitzen oder liegen zeigen wie sehr wir etwas dafür oder dagegen unternehmen müssen. Themen waren zum Beispiel: Sexismus und Fremdenfeindlichkeit. Dann wurden wir in Kleingruppen geschickt, was online sehr gut geklappt hat, und konnten dort Aktionen zu Themen planen, die mehr Aufmerksamkeit bekommen sollen. Nach dem Mittag ging es dann weiter mit der Einsatzstellenvorstellung, wo auch ich meine Einsatzstelle, die Hillersche Villa, vorstellen durfte und den anderen FSJ-lerInnen unter anderem über meine Aufgaben und Erfahrungen, die ich hier gemacht habe, berichten konnte. Danach schalteten sich zwei Vertreterinnen von „spreu x weizen“ zu uns dazu. Sie haben uns über Fake News aufgeklärt und wie man diese am besten erkennen kann. Damit war dieser Tag auch schon vorbei.

Am Donnerstag ging es sofort interessant weiter. Es schaltete sich der Informatiker Herr Dr. Götz zu uns. Er erzählte uns etwas über „Deep Fake“. Das sind zum Beispiel Videos von berühmten Personen (v.a. Politiker:innen), die nicht echt sind, sondern mit Hilfe von Programmen hergestellt wurden. Dadurch können Aussagen gefälscht werden, was verheerende Probleme mit sich bringen kann. Schließlich haben wir noch unsere Gruppensprecher:innen gewählt, welche unsere FSJ-Gruppe landesweit vertreten werden.

Am Freitag haben wir unsere nächsten Seminartage und weitere Projekte geplant. Des Weiteren sind wir in eine Diskussion zur US-Wahl gekommen. Auch das Thema Corona und die neuen Bestimmungen zogen sich als Diskussions- und Austauschthema durch die Woche. Es tat gut sich mit Menschen in meinem Alter und in derselben Situation wie ich austauschen zu können.

Alles in allem war es eine sehr gelungene Woche. Sie hat mir nicht nur neue Kontakte und neues Wissen gegeben, sondern auch die Sicherheit, dass trotz Corona solche Veranstaltungen online möglich sind und auch möglich gemacht werden.

Anna H.

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Konzert-Livestream und historischer Stadtrundgang zum Gedenken an die Novemberpogrome

Vor 82 Jahren erlebten jüdische Menschen in Zittau, in ganz Deutschland und darüber hinaus eine Nacht, die vielen von ihnen jegliche Hoffnung auf eine lebenswerte Zukunft nahm. In der Pogromnacht des 9. November marschierten Männer der Sturmabteilung durch die Zittauer Straßen und versuchten, in jüdische Läden und Wohnungen einzudringen, was ihnen in einigen Fällen auch gelang. Mindestens 6 jüdische Zittauer wurden in sogenannte Schutzhaft genommen und nach Buchenwald verschleppt. Die Zittauer Synagoge wurde gestürmt, die heiligen Schriften verbrannt und das Gebäude am Tag darauf gesprengt. Viele Zittauer Juden und Jüdinnen, die sich bis dahin in Zittau in Sicherheit geglaubt hatten, verließen in der Folgezeit ihren Heimatort. Einigen gelang die Flucht, viele überlebten die Shoah nicht.

Die zerstörte Zittauer Synagoge in der Lessingstraße vor ihrer Sprengung am 10. November 1938. Im Hintergrund die Marienkirche.

So schwierig es ist, unter den aktuellen Bedingungen Veranstaltungen durchzuführen – so wichtig sind Gedenk-Veranstaltungen, gerade unter den aktuellen Umständen. Denn natürlich ist es wichtig, Leben zu schützen, das steht nicht zur Diskussion. Deshalb haben wir uns alle Mühe gegeben, Veranstaltungsformate zu finden, die niemanden in Gefahr bringen.

Ich möchte aber auch daran erinnern, dass jüdisches Leben in Deutschland und weltweit permanent in Gefahr ist. Das zeigen die Anschläge auf Menschen in und vor Synagogen, wie in Pittsburgh 2018, in Halle 2019 und dieses Jahr in Hamburg. Das zeigen auch die sich immer weiter ausbreitenden antisemitischen Verschwörungs-erzählungen und Hassbotschaften, die seit einigen Jahren wieder lauter werden und seit Ausbruch der Corona-Pandemie eine ganz neue Kraft entwickelt haben.

Ich möchte deshalb hervorheben, wie wichtig es ist, diese Verschwörungserzählungen und Hassbotschaften nicht einfach stehen zu lassen. Wir dürfen sie nicht zum gewohnten Tonfall werden lassen. Denn sie sind der Soundtrack, zu dem rechtsextreme Terroristen Menschen ermorden, die in ihren Weltbildern zu Feinden erklärt werden. Stattdessen müssen wir informiert bleiben, uns genau anschauen, wie solche Erzählungen funktionieren, um ihnen etwas entgegenzusetzen und ihnen die Macht nehmen zu können.

Die Amadeu-Antonio-Stiftung hat bereits im Frühjahr mit den Aktionswochen gegen Antisemitismus deutschlandweit zu Bildungsveranstaltungen zu diesem Thema aufgerufen. Dabei wurden jede Menge Ressourcen zusammengetragen, die engagierte Menschen nutzen können, um zur Aufklärung und Prävention beizutragen. Eine Auswahl findet sich hier.

Um an die Geschehnisse des 9. und 10. November in Zittau zu erinnern, veranstaltete die NETZWERKSTATT ein Konzert mit der Band Klezmeresque, live gestreamt aus dem Wächterhaus in der Inneren Weberstraße. Hier befand sich im 19. Jahrhundert der erste Gebetsraum der Zittauer jüdischen Gemeinde. Heute wird das Gebäude vom Freiraum e.V. für Kulturveranstaltungen und Werkstätten genutzt. Das Konzert in voller Länge gibt es nun auch auf Youtube:

Außerdem haben wir einen historischen Stadtrundgang „zum Selbermachen“ vorbereitet. Dieser führt entlang von fünf Stationen im Stadtraum, an denen wir für zwei Tage Schilder mit QR-Codes aufgestellt haben. Über die QR-Codes gelangte man zu einer Online-Karte mit Bildern und Hintergrundinformationen zu den Novemberpogromen in Zittau. Die Karte ist weiterhin online (auf Deutsch und Englisch) und kann für Stadtrundgänge auf eigene Faust genutzt werden: http://bit.ly/StadtrundgangNov

Ein herzlicher Dank geht an die Stolpersteinpat:innen, die mir bei den Vorbereitungen des Gedenktags mit Rat und Tat zur Seite standen und das ganze Jahr über ihren Teil dazu beitragen, dass die Erinnerung an die im Nationalsozialismus verfolgten Zittauer:innen lebendig bleibt. Wenn Sie auch eine Patenschaft für einen der Zittauer Stolpersteine übernehmen wollen, melden Sie sich gerne unter a.kleinbauer@hillerschevilla.de oder telefonisch unter 03583 779622.

AKL

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